Gerade vor dem Hintergrund der russischen Invasion der Ukraine und der auch damit zusammenhängenden Energie-Krise werden sie alle als sehr wichtig eingestuft. Die Vorbereitungen laufen im Hintergrund schon länger, aber spätestens seit Mittwochnachmittag setzen sich auch sichtbar die Rädchen für Donnerstag in Bewegung. Um 14 Uhr gab Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch eine Vorab-Pressekonferenz.
Auch US-Präsident Joe Biden wird in Brüssel sein. Sein erster Besuch ist es bekanntermaßen nicht, er war bereits zum Nato-Gipfel im Juni 2021 gekommen - damals auch, um die Risse zumindest etwas zu kitten, die sein Vorgänger Donald Trump angerichtet hatte.
Jetzt geht es vor allem darum, gerade dem Kremlherrscher und potenziell auch anderen Mächten wie China gegenüber demonstrativ Einigkeit und Stärke zu zeigen. Dem Vernehmen nach will der US-Präsident mit seinen Partnern und Verbündeten insbesondere über Sanktionen gegen Russland und über internationale Unterstützung für die Ukraine sprechen.
37 Staatsoberhäupter in Brüssel
Aber auch wenn es Joe Biden sein wird, der am Donnerstag vor allem im Fokus stehen wird, so sollte man auch nicht vergessen, dass sich wegen der drei Treffen insgesamt 37 Staatsoberhäupter in Brüssel einfinden werden. Mit einem massiven Sicherheitsaufgebot und Verkehrsbehinderungen ist zu rechnen. Es wird drei sogenannte "Sicherheitszonen" geben. Polizei und öffentliche Verkehrsbetriebe haben auch bereits entsprechende Warnungen herausgegeben.
Mit den stärksten Einschränkungen ist wohl im Stadtbereich zwischen der amerikanischen Botschaft, der Rue de la Loi, dem Nato-Hauptquartier in Evere und dem Europäischen Viertel zu rechnen - wobei es auch zwischen dem Flughafen und der Stadt verkehrstechnisch spannend werden könnte.
Am Donnerstagmorgen gegen zehn Uhr soll der Nato-Sondergipfel zum Ukraine-Krieg beginnen - im Hauptquartier der Allianz. Für 13:15 Uhr ist dann die Pressekonferenz des Generalsekretärs angekündigt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj soll virtuell teilnehmen.
Mit großen Überraschungen wird eher nicht gerechnet. Die Verbündeten wollen sich vor allem mit möglichen Folgen des Kriegs für die Nato-Länder befassen. Die Nato werde alle ihre Mitgliedsstaaten gegen jegliche Bedrohung verteidigen, bekräftigte Generalsekretär Stoltenberg vorab. Die östliche Flanke soll hierzu weiter verstärkt werden.
Stoltenberg warnte Putin auch erneut ausdrücklich vor dem Einsatz atomarer, biologischer oder chemischer, kurz ABC-Waffen. Der Generalsekretär rechnet außerdem mit einer weiteren Erhöhung der Unterstützung für die Ukraine, unter anderem in puncto Cybersicherheit und ABC-Schutzausrüstung. Außerdem soll China dazu aufgerufen werden, eindeutig Stellung zu beziehen.
Am Rande der Militär-Zusammenkunft wird es auch diverse bilaterale Treffen geben. Ebenfalls im Nato-Gebäude in der Brüsseler Stadtgemeinde Evere wird das Treffen der G7, der sieben reichsten Industrieländer, stattfinden. Auch hierbei wird es insbesondere um die Situation in der Ukraine gehen, wie Deutschland im Vorfeld mitgeteilt hat. Das Land hat aktuell den Vorsitz der Gruppe, der außerdem noch die Vereinigten Staaten, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Japan und Italien angehören.
Sanktionen gegen Russland und hohe Energiepreise
Der zweitägige Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs findet selbstverständlich im Europaviertel statt. Die Tagesordnung hier dürfte ebenfalls ziemlich voll sein. Die wichtigsten Punkte sind aber wohl mögliche weitere Sanktionen gegen Russland und die hohen Energiepreise beziehungsweise die Energieversorgung und -abhängigkeit. Insbesondere, was Gas betrifft, wird überall in Europa händeringend nach Lösungen gesucht.
Premier Alexander De Croo hat bereits angekündigt, dass er sich erneut für Gruppeneinkäufe und Preisdeckelungen stark machen will. Beim letzten Treffen im französischen Versailles hatte es aber Widerstand dagegen gegeben. Laut De Croo soll sich aber abzeichnen, dass mehr und mehr Staats- und Regierungschefs einsehen, dass irgendetwas getan werden muss. Ob sie sich allerdings bereits in den nächsten zwei Tagen zu einer Entscheidung durchringen werden, steht in den Sternen.
Biden wird ebenfalls an dem EU-Treffen teilnehmen, zumindest für zwei Stunden. Es wird erwartet, dass er dafür - wie die anderen betroffenen Spitzenpolitiker - am Nachmittag vom Nato-Hauptquartier ins EU-Viertel wechseln wird.
Der US-Präsident wird die Nacht von Donnerstag auf Freitag dann wieder in der Botschaft verbringen. Gegen neun Uhr am Freitagmorgen soll es dann von Melsbroek weiter nach Warschau gehen - weniger als 200 Kilometer von der Grenze zu Belarus entfernt, von wo aus russische Truppen die Ukraine angreifen. Biden will mit seinem polnischen Amtskollegen Duda unter anderem über die humanitäre Krise sprechen, die Putins Invasion ausgelöst hat. Polen hat bereits über zwei Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen.
Boris Schmidt