Noch bevor die Überraschungspressekonferenz von Noch-Haushaltsminister Jean-Luc Crucke am Montag überhaupt zu Ende war, begannen schon die Spekulationen: Wen würden die frankophonen Liberalen MR wohl an seiner statt jetzt auf das politische Spielfeld in Namur schicken? Dabei fielen viele Namen, manche mehr oder weniger bekannt, andere hingegen echte MR-Schwergewichte. Aber es gab auch früh Stimmen, die glaubten, dass Georges-Louis Bouchez eine Überraschung in petto haben könnte. Und sie hatten offensichtlich Recht. Denn überrascht war, zumindest nach eigener Aussage doch etwas, selbst der Auserwählte.
Er sei natürlich kontaktiert worden, räumte Adrien Dolimont gegenüber der RTBF ein. Aber daran geglaubt, dass er wirklich Jean-Luc Crucke ersetzen werde, das habe er natürlich nicht. Es sei eine schöne Überraschung.
Für Dolimont hätten viele Punkte gesprochen, erklärte Parteipräsident Bouchez: Man habe jemanden aus dem Hennegau gebraucht, um eine ausgeglichene Repräsentation der Liberalen in den verschiedenen Regierungen zu wahren. Abgesehen davon ist der Hennegau natürlich auch ein wichtiger politischer Kriegsschauplatz beim Ringen mit den frankophonen Sozialisten von der PS. Gegen deren starken lokalen Mann Paul Magnette wird die MR versuchen wollen, mit ihrem neuen Hennegauer Mann zu punkten, sagen Analysten.
Die MR habe sich aber auch verjüngen und auf neue Köpfe setzen wollen. Damit bestätigte Bouchez indirekt Vermutungen, die bereits am Montag die Runde gemacht hatten, nach denen der Parteipräsident quasi seine junge Garde stärken wollte nach dem Abgang Cruckes.
Und das Kriterium "jung" erfüllt Dolimont definitiv. Nicht nur wird er jüngster wallonischer Minister, 2006 war er mit gerade mal 18 Jahren schon jüngster Schöffe der Wallonie geworden. Aktuell ist er auch noch Finanzschöffe im kleinen Ham-sur-Heure-Nalinnes im Hennegau und Leiter des dortigen ÖSHZ.
Neben politischer Erfahrung bringt er aber auch noch einen anderweitig beeindruckenden Lebenslauf mit: Er ist Ingénieur polytechnicien mit Doktortitel, ist auch noch als Consultant aktiv und leitet seine eigene Firma. Ein besonders attraktiver Lebenslauf, wie Bouchez bei der Vorstellung Dolimonts in der MR-Parteizentrale unterstrich, "Jugend und Expertise" zeichneten ihn aus.
Ob dieser Lebenslauf reichen wird, um den Sprung direkt von Gemeindeschöffen zum regionalen Haushaltsminister zu einem Erfolg zu machen, das kann nur die Zukunft zeigen. Die Unterstützung und Kompetenzen des Kabinetts seines Vorgängers, das Dolimont übernehmen wird, werden zumindest sicher nicht schaden. Gerade angesichts der doch großen Herausforderung, die da in Form der wallonischen Finanzsituation auf ihn zukommen wird.
Er spüre etwas das Gewicht der Verantwortung. Aber er habe Lust, diese Herausforderung anzunehmen, so Dolimont, der sich ansonsten etwas wortkarg zeigte. Es gebe für ihn auch nicht ein besonders prioritäres Dossier, alle seien wichtig. Es gehe weiter darum, die Wallonie wieder auf die Beine zu bringen. Er glaube, man müsse stolz darauf sein, Wallone zu sein. In der Entwicklung der Wallonie zu arbeiten, sei ihm wirklich eine Ehre, die er nur annehmen könne. Das wird er offiziell am Donnerstag tun: Dann soll er seinen Eid vor dem wallonischen Parlament ablegen.
Kleine Notiz am Rande: Wir erinnern uns, der eher linksliberale Jean-Luc Crucke hatte bei der Ankündigung seines Rücktritts gesagt, dass seine liberalen Überzeugungen nicht mehr übereinstimmten mit der Linie seiner Partei. Ob das so geplant oder doch vielleicht unbeabsichtigt war, wissen wir nicht, aber Adrien Dolimont bekräftigte jedenfalls, dass er ein Liberaler sei, der "völlig mit der Linie seiner Partei übereinstimme". Auch das kann man als Ansage für die zukünftige Ausrichtung der MR interpretieren ...
Boris Schmidt
Schön und bescheuert der Ablauf.
In Hamburg wäre dafür das Ohnsorg Theater zuständig- hier macht es diese Partei und die Politik.
Total bekloppt...
So pleite wie die Wallonie ist, kann der neue nicht viel falsch machen. Beste Voraussetzungen also.