1,3 Tonnen Heroin, 11,7 Tonnen Haschisch und mehr als beeindruckende 89,5 Tonnen Kokain. Das ist die Beschlagnahmungsbilanz des belgischen Zolls für den Antwerpener Hafen im letzten Jahr. Gerade für Kokain ist der Aufwärtstrend ungebrochen. Im Vergleich zu vor fünf Jahren hat sich die Menge beschlagnahmten Kokains hier mehr als verdoppelt, im Vergleich zum Jahr 2020 ist es eine Zunahme um fast ein Drittel. So schwindelerregend wie die Mengen sind auch die Summen, um die es potenziell geht: Knapp 13 Milliarden Euro soll der Straßenwert des beschlagnahmten Kokains betragen.
Die drei größten Exportländer für die Droge sind Panama, Ecuador und Paraguay, bestätigte Finanzminister Vincent Van Peteghem bei Radio Eén. Der Zoll fällt ebenfalls in seinen Zuständigkeitsbereich. Neben Antwerpen liegen die Ziele der Schmuggler hauptsächlich in Rotterdam, wo letztes Jahr ebenfalls rund 70 Tonnen konfisziert werden konnten, sowie in Spanien. Auch im niederländischen Hafen sind die gefundenen Drogenmengen im Vergleich zu 2020 deutlich in die Höhe gegangen, 40 Prozent betrug die Zunahme beim Kokain hier.
Immer mehr Kokain in Südamerika hergestellt
Dafür gibt es gleich eine ganze Reihe von Gründen: Zum einen wird jedes Jahr mehr Kokain in Südamerika hergestellt - erheblich mehr, wie der Leiter des belgischen Zolls, Kristian Vanderwaeren, in der RTBF erklärte. Auch Van Peteghem bestätigte, dass der Drogenhandel weltweit immer mehr zunimmt. Zu den hier beschlagnahmten Drogen kämen auch noch Drogen, die durch die Arbeit des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung noch in den Ursprungsländern hätten aufgehalten werden können. 160 Tonnen davon seien letztes Jahr für Antwerpen bestimmt gewesen.
Wobei sich der Finanzminister trotz der beeindruckend klingenden Erfolge keine Illusionen macht. Das sei zweifelsohne nur die Spitze des Eisbergs. Das sieht auch der Zollleiter so. Studien gingen davon aus, dass die Zöllner etwa zehn Prozent der geschmuggelten Drogen entdeckten, so Vanderwaeren in der VRT. Selbst wenn man von einer höheren Erfolgsrate von 20 oder 30 Prozent ausgehe, blieben so noch immer Hunderte Tonnen Kokain, die nach Europa hineingelangten.
Neben der Tatsache, dass einfach immer mehr Drogen hergestellt und transportiert werden, spielt aber natürlich die Arbeit der Zöllner selbst eine Rolle: Sie würde immer besser und leistungsfähiger, lobte Finanzminister Van Peteghem. Wobei der Zoll selbstverständlich eng mit Polizei und Staatsanwaltschaft zusammenarbeitet, die Lorbeeren sind also sicherlich zu teilen.
Ein besonders schwerer Schlag für das organisierte Verbrechen kam aber 2021 auch noch dazu: Den belgischen Ermittlern war es gelungen das Krypto-Kommunikationssystem SKY ECC zu knacken. Mit den so gewonnenen Daten konnte nicht nur gegen zahlreiche Drogenmafia-Mitglieder und ihre Helfer vorgegangen werden, die Sicherheitsbehörden lernten auch sehr viel über die Vorgehensweisen der Kriminellen, über ihre Routen, Techniken, Tricks und Kniffe.
Investitionen beim Zoll
Der Finanzminister verwies auch auf die zusätzlichen Mittel in Höhe von 20 Millionen Euro, die dieses Jahr für Investitionen beim Zoll bereitstünden. Die sollten etwa in neue Scanner-Anlagen zum Durchleuchten der Container fließen. Aber nicht nur bei diesen topmodernen Technologien soll aufgerüstet werden, auch mehr Personal und mehr Drogenspürhunde sollen die Arbeit des belgischen Zolls noch effizienter machen.
Wobei man der Ehrlichkeit halber trotzdem eines zugeben muss: Zumindest mit der heute verfügbaren Technik wird es wohl trotzdem nie eine hundertprozentige Sicherheit geben. Täglich erreichten 20.000 Container den Antwerpener Hafen. Wenn man berücksichtige, dass es eine halbe Stunde dauere, um einen einzigen zu scannen, dann sei klar, dass es unmöglich sei, alle Container zu scannen. Das Ziel sei deswegen realistischerweise, all die Container zu scannen, die nach einer Risikoanalyse als besonders verdächtig eingestuft würden, etwa aufgrund der Herkunft, des Ziels oder der involvierten Firmen und Personen. Dafür seien die zusätzlichen Scanner gedacht, so Van Peteghem.
Es ist ein ewiger Rüstungswettlauf zwischen den Kriminellen und den Sicherheitsbehörden. Ein zermürbender und oft genug auch sehr frustrierender "War on drugs", Krieg gegen die Drogen. Trotz der beschlagnahmten Rekordmenge an Kokain hätten sich Angebot und Preis nicht verändert, so etwa die resignierte Feststellung der Antwerpener Drogenberatung. Ein Tropfen auf den heißen Stein, mehr nicht. Mittlerweile habe Kokain in Antwerpen bei der Suchtproblematik Cannabis überflügelt und sei damit auf Platz zwei nach Alkohol aufgestiegen.
Boris Schmidt