Inzwischen übt auch der ein oder andere politische Vertreter offen Kritik an der Schließung des Kultursektors. Da ist zum einen Paul Magnette, Vorsitzender der PS. Die Politik - hier zählt sich der ehemalige wallonische Ministerpräsident dazu - habe Fehler gemacht. Jetzt müsse sie aber auch daraus lernen.
Damit steht er nicht alleine da. Die Senatsvorsitzende Stephanie D'Hose stellte die Wirksamkeit der Entscheidung in Frage. Sie warnt: "Wenn die Menschen die Entscheidungen des Konzertierungsausschusses nicht mehr nachvollziehen können, wird es problematisch." Es sei ihre Aufgabe, auf dieses Problem aufmerksam zu machen, betont D'Hose. Den Kultursektor hätten die Entscheidungen schließlich unverhältnismäßig hart getroffen.
Mit der Problematik wurde der föderale Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke nochmal konfrontiert. Am Dienstagvormittag traf er sich mit Vertretern aus dem Sektor. Auch wenn klar war, dass es vorerst zu keinen Lockerungen kommt - er habe ein gutes Gespräch geführt, erklärte Frank Vandenbroucke. Erklären einerseits und zuhören andererseits, das sei eine Basis, um weiterzuarbeiten.
Doch in welche Richtung? Wenn die epidemiologische Lage es zulässt, wenn die Krankenhäuser nicht zu belastet sind, dann könne man minimale Aktivitäten des Sektors wieder zulassen. Was der Sektor aber wirklich brauche, das sei eine langfristige Perspektive: ein Stufenplan. Auch der soll aufgestellt werden.
In einer Woche soll an die Gespräche angeknüpft werden, sodass der Gesundheitsminister aktuell nicht mehr als die Perspektive auf eine Perspektive bieten kann. Das "Wann?" bleibt unbeantwortet. Der Sektor muss sich also erst einmal mit dem Status Quo begnügen, obwohl ein neuer Konzertierungsausschuss und Lockerungen gefordert wurden.
Trotzdem begrüßt Mike Naert, der den Livemusiksektor vertritt, das Treffen. Das erste Gespräch sei wichtig gewesen. Die Teilnehmer hätten sich austauschen und ihre Argumente vorlegen können. Wichtig sei, dass das nächste Gespräch schon in einer Woche folge.
Freudensprünge macht Mike Naert trotzdem nicht. Denn die Kultur- und Veranstaltungsbranche sieht aktuell wenig Grund zur Hoffnung. "Die Kassen sind leer. Und selbst mit begrenzten Kapazitäten sind Veranstaltungen für viele finanziell nicht tragbar. Es braucht ein ernsthaftes Unterstützungspaket, solange der Sektor nicht öffnen darf", fordert Naert.
Unterstützungen, Stufenplan, Minimalpaket - der Dialog vom Dienstag hat mehr Probleme auf den Tisch gebracht als gelöst. Vielleicht ist aber gerade das eine Möglichkeit, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Der Kultursektor rebelliert – vor allem im frankophonen Landesteil
Andreas Lejeune