Der föderale Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke (Vooruit) ließ am Freitagmorgen bei der VRT keinen Zweifel daran, wie er die aktuelle Lage bewertet: Dem Land stünden sehr schwierige Wochen bevor, weil der Druck auf Hausärzte und Krankenhäuser schon sehr hoch sei und nur noch weiter steigen werde. Es zirkuliere allgemein viel zu viel Virus.
Man könne wirklich nur von Glück sprechen, dass es die Impfungen gebe, allein das bewahre Belgien vor einer echten Katastrophe. Aber trotz der Vakzine füllten sich die Krankenhäuser immer weiter. Wenn sich die Entwicklung so fortsetze, dann werde man die kritische Alarmschwelle von 500 Patienten auf den Intensivstationen überschreiten. Das sei eine sehr schlechte Situation. Deswegen müsse man unmittelbar auf die Bremse treten und sofort aktiv werden.
Wieder von zu Hause arbeiten
Das beinhaltet natürlich, weiter eindringlich zur Impfung aufzurufen, da das die Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs nachweislich erheblich reduziert. Aber Vandenbroucke will noch deutlich weitergehen. Die Menschen müssten sich nun echt wieder organisieren, um, soweit möglich, wieder von zu Hause zu arbeiten. Es gebe auch in den Firmen schon sehr viele krankheitsbedingte Ausfälle durch Covid. Homeoffice sei also auch im Interesse der Betriebe selbst. Wenn sie weiter funktionieren wollten, dann sollten sie besser auf Telearbeit umschalten. Das reduziere dann auch die Zahl der Menschen, die etwa öffentliche Verkehrsmittel benutzten, wodurch die Anzahl an Kontakten und damit Ansteckungen reduziert werden könne.
Allgemein müssten sich die Menschen sehr vorsichtig verhalten. Das bedeute, wo nötig Mundschutzmasken zu tragen, den Sicherheitsabstand einzuhalten - und sicher auch eine Einschränkung der sozialen Kontakte für Ältere und besonders gefährdete Menschen.
Ausreichende Belüftung
Vandenbroucke betonte außerdem auch erneut die Wichtigkeit von gründlicher und ausreichender Belüftung - auch jetzt in der kälteren Jahreszeit. Auch die Kontrolle der Luftqualität mittels CO2-Messern sei in dieser Hinsicht sehr wichtig. Menschen, die sich krank fühlten oder Symptome hätten, müssten sich natürlich testen lassen und der Coronapass als sehr nützliches Werkzeug müsse ebenfalls breit eingesetzt werden.
Der föderale Gesundheitsminister äußerte sich auch zum Thema Masken in den Schulen. Das sei zwar unangenehm, aber es sei doch besser, die Kinder mit Masken in der Schule zu haben, als ohne Maske zu Hause, weil die Schulen geschlossen werden müssten. Das sei eben die Abwägung, die gemacht werden müsse.
Reaktion auf Ankündigung des Universitätskrankenhauses von Gent
Vandenbroucke reagierte auch auf die Ankündigung des Universitätskrankenhauses von Gent, keine Betten mehr für Covid-Patienten freihalten zu wollen. Man verlange nicht, dass Covid-Patienten Priorität vor anderen ernsten Fällen bekämen, stellte er klar. Es gehe darum, Platz für die Aufnahme von schweren Covid-Fällen zu haben und dafür, so unangenehm das auch sei, nicht-dringende Nicht-Covid-Eingriffe erneut zu verschieben.
Wenn die Krankenhäuser hierbei nicht zusammenarbeiteten und es Gent nachtäten, dann werde das ganze System innerhalb einer Woche zusammenbrechen. Die Kritik anderer Krankenhäuser, dass die Aussagen aus Gent also eigentlich unkollegial seien, seien also auch richtig, bei allem nachvollziehbaren Frust dort.
Abgesehen davon sei ein solches Vorgehen auch keine Lösung. Die Covid-Patienten würden kommen. Ohne reservierte Betten würden sie dann eben stattdessen in den Gängen liegen. So einfach sei das, warnte Vandenbroucke.
Boris Schmidt