Preise, wie man sie lange nicht gesehen hat, wenn überhaupt. Die Energiepreise erreichen im Moment schwindelnde Höhen. Das merkt man z.B. an den Zapfsäulen, noch sichtbarer wird das aber auf der Strom- und Gasrechnung.
Nur ein Beispiel: Die Nachrichtenagentur Belga hat sich mal die neuesten Angebote einiger Anbieter angeschaut und sich dabei auf die sogenannten "fixen Verträge" konzentriert, bei denen der Preis für die Gesamtdauer des Vertrages ein für allemal festgelegt ist. Die Feststellung: Wer jetzt einen neuen Vertrag abschließt, der muss wesentlich mehr zahlen als noch im September.
Für Strom ist das ein Plus von bis zu 40 Prozent, für Erdgas beläuft sich der Unterschied zum Vormonat je nach Anbieter sogar auf bis zu 80 Prozent. Was aber nicht bedeutet, dass die jeweilige Rechnung am Ende um eben diese Prozentsätze steigen wird. Der reine Energieverbrauch ist ja nur ein Teil der Rechnung. Die darüber hinaus anfallenden Steuern und Gebühren bleiben unverändert. Dennoch, beim Strom macht der reine Verbrauch ungefähr ein Drittel der Rechnung aus, beim Gas ist es rund die Hälfte.
Ein Ende des Höhenfluges ist im Moment noch nicht in Sicht. Eher hat man den Eindruck, dass die Märkte von einer gewissen Panik erfasst wurden. Was nicht heißt, dass sich das nicht irgendwann wieder beruhigen wird. Die hohen Energiepreise seien wahrscheinlich nur ein zeitlich begrenztes Phänomen, heißt es in der Branche.
Doch für den Moment sorgt das auch schon für Probleme genug. Entsprechend wächst der Druck auf die Regierungen, Maßnahmen zu ergreifen, um den spektakulären Höhenflug der Energiepreise abzufedern.
In der institutionellen belgischen Lasagne sind sowohl der Föderalstaat als auch die Regionen für die Energiepolitik zuständig. Die Föderalregierung hat immer noch einige zentrale Hebel in Händen, zum Beispiel die Mehrwertsteuer. In der Kammer hatte die Opposition eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Energieprodukte von 21 auf sechs Prozent gefordert. Das halten einige zuständige Minister aber für keine gute Idee.
Erstes Argument: "Wer die Mehrwertsteuer auf Energieprodukte senkt, der sorgt dafür, dass der Index nicht so schnell steigt, also dass die Gehälter nicht so schnell angehoben werden", sagte die CD&V-Innenministerin Annelies Verlinden in der VRT. "Und das können wir den Menschen nicht antun."
Ein zweites Argument liefert die grüne Energieministerin Tinne Van der Straeten: Eine Mehrwertsteuersenkung sei eine allzu allgemeine Maßnahme. Es könne zum Beispiel nicht Sinn und Zweck der Sache sein, dass das auch für Leute gilt, die ihren Pool beheizen. "Wir brauchen, im Gegenteil, deutlich zielgerichtere Maßnahmen", so Van der Straeten.
Mehreinnahmen an die Menschen zurückgeben
In einem Punkt schien aber zumindest schonmal Einigkeit zu herrschen: "Es ist selbstverständlich, dass der Staat die Mehreinnahmen nicht einfach einkassiert", sagte der CD&V-Finanzminister Vincent Van Peteghem in der VRT. "Wir werden vielmehr nach Wegen suchen, um eben diese Mehreinnahmen an die Menschen zurückzuführen."
Frage ist nur, wie man das machen wird. Oft hört man den Vorschlag, dass die Ausweitung des Sozialtarifes verlängert werden könnte. Anfang des Jahres hatte die Regierung die Kriterien breiter gefasst und so dafür gesorgt, dass mehr Menschen in den Genuss dieses Sozialtarifs kommen. Im Moment gilt das - über den Daumen gepeilt - für ein Fünftel der Haushalte.
"Ganz konkret bedeutet das, dass z.B. eine alleinerziehende Mutter, deren Strom- und Gasrechnung sich normalerweise auf 1.800 Euro belaufen würde, jetzt nur noch 1.000 Euro bezahlt", sagt Energieministerin Van der Straeten. Diese Ausweitung des Sozialtarifs läuft allerdings Ende des Jahres aus. Deswegen eben die Überlegung, diese Maßnahme erstmal zu verlängern.
In jedem Fall plädiert Finanzminister Van Peteghem aber für einen nachhaltigen Mechanismus, der also auch auf vergleichbare Situationen in der Zukunft anwendbar wäre. Ein erster Schritt wäre eine technische Änderung, die es erlauben würde, direkteren Einfluss auf den föderalen Teil der anfallenden Steuern auszuüben. Dieser föderale Anteil an der Energierechnung beläuft sich allerdings nur auf fünf Prozent der Gesamtsumme. Hier stehen also auch andere Machtebenen in der Pflicht.
Roger Pint