Statistiken über die Verschwendung von Lebensmitteln gibt es viele. Aber egal, welche Zahlen man sich anschaut, die Tendenz und das abschließende Urteil sind vernichtend. Laut der Welternährungsorganisation FAO etwa landet weltweit ein Drittel aller Lebensmittel auf dem Müll. Belgien nimmt in vielen Statistiken keinen besonders ruhmreichen Platz ein, genauer gesagt gehören wir in Europa sogar zu den Spitzen-Wegwerfern. Laut dem Unternehmen "Too Good To Go", zu Deutsch "zu gut zum Wegwerfen", das die gleichnamige App gegen Lebensmittelverschwendung betreibt, landen in Belgien Jahr für Jahr insgesamt mehr als 3,5 Millionen Tonnen Nahrungsmittel auf dem Müll.
Dabei landet auch sehr viel in der Tonne, was da eigentlich noch gar nicht hingehört. Denn normalerweise will man ja nichts entsorgen, was noch für den Verzehr geeignet wäre. Um festzustellen, ob etwas noch konsumiert werden kann oder nicht, orientieren sich die meisten von uns am auf der Packung aufgedruckten Datum. Ist das überschritten, dann weg damit, so meist die Losung. Das Problem: So einfach ist das gar nicht. Es gibt nämlich zwei verschiedene Arten von Daten. 75 Prozent der Belgier wissen nicht genau, was es mit dem Haltbarkeitsdatum auf sich hat, so Franco Prontera von "Too Good To Go". Sie kennen den Unterschied nicht zwischen "zu verbrauchen bis", also dem Verbrauchsdatum, und "mindestens haltbar bis", dem Mindesthaltbarkeitsdatum.
Zehn Prozent der Lebensmittelverschwendung auf Konsumentenniveau in Europa sind auf mangelndes Wissen über den Unterschied zwischen beiden Haltbarkeitsdaten-Typen zurückzuführen, so Prontera in der VRT. Ein Drittel der Menschen werfe noch verwendbare abgelaufene Lebensmittel weg. Welches Datum bedeutet also was? Das Verbrauchsdatum ist für Produkte, die leicht verderblich sind, so Hélène Bonte, Sprecherin der Föderalen Agentur für Nahrungsmittelsicherheit Afsca. Also Lebensmittel, die zum Beispiel sehr anfällig für eine Kontamination mit Bakterien sind, vor allem roher Fisch, rohes Fleisch, bereits zubereitete Gerichte und so weiter. Dieses Verbrauchsdatum muss absolut respektiert werden, um Gesundheitsrisiken zu vermeiden. Solche Produkte findet man im Supermarkt meist in der Kühlabteilung.
Daneben gibt es aber noch andere Produkte, die nicht so schnell verderben. Dazu gehören zum Beispiel Kekse, trockene Nudeln, Konserven, Schokolade, verschiedene Milchprodukte und vieles andere. Und für die gilt eben meist ein Mindesthaltbarkeitsdatum. Solche Produkte könne man eigentlich noch in aller Sicherheit essen nach dem Verstreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums. Zumindest dann, wenn sie richtig gelagert worden sind, so Bonte.
Das sind die Produkte, um die es "Too Good To Go" geht. Deswegen hat das Unternehmen mit Unterstützung der Afsca, des Einzelhandelsverbands Comeos und der Verbraucherschutzorganisation "Test-Achats" ein neues Logo beziehungsweise Piktogramm entwickelt. Das zeigt ein Auge, eine Nase und einen Mund mit ausgestreckter Zunge - das Ganze mit der Aufforderung: "Vor dem Wegwerfen: Schauen, Riechen, Schmecken". Denn genau das wünscht sich "Too Good To Go": Dass die Verbraucher ihre Sinne nutzen, um zu prüfen, ob etwas noch in Ordnung ist, bevor sie es einfach wegwerfen.
Das neue Logo soll zunächst für zwei Jahre lang auf rund 200 Produkten verschiedener Hersteller und Ketten erscheinen - und hoffentlich den Konsumenten helfen, die verschiedenen Haltbarkeitsdaten-Typen besser zu unterscheiden. Ein entsprechender Bedarf scheint jedenfalls vorhanden zu sein. Laut Simon November von Test-Achats gaben bei einer Umfrage 70 Prozent der Verbraucher an, dass ein Logo besser als Text verdeutliche, ob es sich nun um ein Verbrauchsdatum oder um ein Mindesthaltbarkeitsdatum handele.
Boris Schmidt