Margot Cloet vom flämischen Branchenverband Zorgnet-Icuro ist deutlich. "Ja, wir fordern schon seit langem eine Impfpflicht für unser Pflegepersonal. Da gibt es nur wenig Diskussionsbedarf."
Doch den gibt es innerhalb der Politik. Die Föderalregierung ist in dieser Frage gespalten, obwohl niemand eine Impfpflicht kategorisch ausschließt. Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke (Vooruit) drückte es am Dienstagabend in der VRT so aus: "Die Impfung muss beim Gesundheitspersonal die allgemeine Norm werden. Doch falls das nicht funktioniert, dann müssen wir über eine Impfpflicht nachdenken und diese auch vorbereiten".
Sensibilisierung
Und damit sich möglichst alle impfen lassen, setzt Vandenbroucke auf Sensibilisierung. Denn er höre immer noch Geschichten von Menschen, die nicht gut informiert sind. Zu diesen Geschichten gehört auch eine mögliche Unfruchtbarkeit aufgrund einer Corona-Impfung. "Das sind Fake News", erklärte am Mittwochmorgen Jean-Pascal Labille, Vorsitzender der sozialistischen Krankenkasse Solidaris in der RTBF. Für Labille ist das einer der Hauptgründe, warum es im Gesundheitssektor mit vielen jungen Frauen unter den Beschäftigten, Bedenken gibt.
"Dabei gibt es nach einem halben Jahr Erfahrung mit den Impfungen wissenschaftlich keinen Grund, sich über Unfruchtbarkeit oder eine mögliche Schwangerschaft Sorgen zu machen", erklärte am Dienstagabend Vizepremier Petra De Sutter (Groen) im VRT-Fernsehen. Und gegen diese unbegründeten Ängste, da helfe als erster Schritt die Menschen zu sensibilisieren, stimmt De Sutter Gesundheitsminister Vandenbroucke zu.
Sanfter Druck
Ein erster Schritt. Das bedeutet, es gibt auch einen nächsten. Vandenbroucke setzt auch auf sanften Druck, und will pro Gesundheitseinrichtung veröffentlichen, wie viel Prozent des Gesundheitspersonals geimpft ist.
Ein übernächster Schritt könnte dann tatsächlich eine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal sein. "Denn wir müssen kohärent sein", fordert Jean-Pascal Labille von Solidaris. "Wenn die Impfung das Mittel gegen die Pandemie ist, und wir eine Herdenimmunität nur erreichen, wenn alle Menschen geimpft sind, dann muss man auch so konsequent sein, und die Impfung zur Pflicht machen."
Entscheidung vor dem Herbst
Doch derzeit sei das noch nicht nötig, so Labille. Noch nicht. Er geht davon aus, dass in dieser Frage noch vor dem Herbst entschieden werden muss. "Noch haben wir ein paar Wochen Zeit, doch dann müssen wir einen Gang höher schalten", so der Solidaris-Chef.
Denn eine Impfpflicht braucht auch einen gesetzlichen Rahmen, und das kann Monate dauern, erklärte Vizepremier De Sutter schon am Dienstagabend.
Unterdessen sieht es so aus, dass auch bei den anderen Regierungsparteien der Boden für eine Impfpflicht bestellt wird. Vandenbrouckes und De Sutters Kollege in der Föderalregierung, Vizepremier Georges Gilkinet (Ecolo), geht bereits einen Schritt weiter. Er sehe eine Impfpflicht für medizinisches Personal als "notwendig".
Auch die CD&V ist dafür, "wenn nötig", machte der Parteivorsitzende Joachim Coens auf Twitter deutlich.
Die Liberalen wollen sich zunächst ebenfalls darauf konzentrieren, weiter zu überzeugen, zu informieren und zu sensibilisieren. Aber auch bei den Liberalen ist zu hören, dass eine Impfpflicht für medizinisches Personal in Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann.
Volker Krings
Und wie erklären unsere Politiker dann die zusätzlichen fehlenden Stellen , wenn es tatsächlich Menschen (!) gibt, die trotz ihres Berufes keine Impfung wollen? Einen Berufsstand , wo es seit Jahrzehnten an Fachpersonal fehlt, unterbezahlt ist, chronisch überlastet ,, so unter Druck zu setzen ist mehr als fragwürdig. Pflegende sind in erster Linie Menschen,werte Befürworter der Impfpflicht....keine Maschinen! Und wenn Pflegekräfte so relevant in der Pandemie Bekämpfung sind, dass eine impfpflicht im Raum steht ... Wo waren dann die Wertschätzungen in den letzten 16 Monaten????? Corona Prämie...? Müdes Lächeln ! Weiter so da oben. Dem " Volk" , dem normalen Bürger, werden keine Flügel in Kliniken geräumt , steht kein Stab von Fachkräften zur Verfügung. Eine Impfpflicht für Pflegeberufe wird weder die Pandemie stoppen noch die Situation in Kliniken verbessern. Und am Ende leidet der Patient nicht weniger , weil es an noch mehr Personal fehlt....?
Eine Impfpflicht für einen bestimmten Sektor einzuführen ist meiner Meinung nach diskriminierend und ungesetzlich. Jeder, der sich nicht impfen lässt, wird wohl seine Gründe haben. In der Deutschsprachigen Gemeinschaft haben immerhin 18000 (!) Menschen anscheinend ihre Bedenken, weil sie die Ersteinladung zur Impfung nicht angenommen haben. Besonders das Personal des Gesundheitssektors, welches tagtäglich enorme Leistungen vollbringt, darf nicht unter Druck gesetzt werden. Davon mal abgesehen : Wer sich die Zahlen seit Beginn der Pandemie auf Sciensano mal anschaut, wird feststellen, dass sowohl die Krankenhausaufnahmen als auch die Todesfälle in Zusammenhang mit Corona ihren Scheitelpunkt Anfang November 2020 hatten. Danach ging es stetig bergab, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch niemand geimpft war. Den Rückgang der Coronaparameter alleine auf die Impfungen zurückzuführen, ist meiner Meinung nach sehr fragwürdig bzw. nicht logisch. Es sollte also jedem Menschen selbst überlassen sein, ob er sich impfen lässt oder nicht - ohne moralische Bewertung.
Werte Frau Melsa, bitte erklären Sie doch mal, warum ausgerechnet Pflegekräfte in höherem Maße als der Bevölkerungsdurchschnitt Corona-Schutzimpfungen ablehnen.
Ich selbst und viele meiner Bekannten sind zweifach geimpft.
Keine/-r hat eine Spur von negativen Langzeitwirkungen, die im Vorfeld befürchtet worden waren.
Werter Herr Jusczyk,
Da die ersten Impfungen erst vor gut einem 3/4 Jahr begonnen haben, kann noch keiner sagen, ob und wenn welche Langzeitfolgen kommen .
Die Impfungen nur für Pflegepersonal verpflichtend einzuführen halte ich für halben Kram. Es gibt genügend andere Berufe, die Kontakt mit anderen Menschen haben. Polizei, Briefträger, Kassierer/ innen, Friseure. .... Was ist mit denen? Wenn, dann bitte eine allgemeine Impfpflicht, und nicht nur speziell für Pflegepersonal.