Deutlich über einhundert Jugendliche werden es am Ende sein, die unter strikten Sicherheitsvorkehrungen und dank spanischer und französischer Ausnahmegenehmigungen in Konvois wieder in die Heimat transportiert werden. Nur, weil es sich um oft Minderjährige handelt, die sonst ohne ihre Eltern im Ausland bleiben müssten, wird darauf verzichtet, dass sie wie vorgeschrieben, für die Dauer ihrer Erkrankung am Urlaubsort bleiben müssen.
Rückholaktion für Corona-positive flämische Jugendliche aus Spanien läuft
Aber was passiert, wenn diese infizierten und potenziell infizierten Jugendlichen in Belgien aus den Bussen aussteigen? Sie gehen nach Hause zu ihren Familien und begeben sich dort in strenge Isolation. Soweit zumindest der Plan beziehungsweise die Hoffnung.
Eine Vorgehensweise, die Dirk Devroey, unter anderem Professor für Allgemeinmedizin, nicht gutheißt. Nach aller gesundheitlicher Logik könne man die Jugendlichen nicht einfach zurück in ihre Familien gehen lassen. Das scheine ihm echt keine gute Idee zu sein, so Devroey am Freitagmorgen bei Radio Twee. Solange nicht bestätigt sei, dass sie entweder ganz sicher nicht infiziert seien oder bis sie nicht mehr ansteckend seien, müssten diese Personen eigentlich zwei Wochen irgendwo isoliert verbringen, beispielsweise zusammen in einem Ferienlager in Belgien. Denn die meisten Menschen steckten sich nachweislich innerhalb ihrer Familien an. Bei diesen über hundert infizierten Jugendlichen sei die Chance auch groß, dass es sich um besonders ansteckende sogenannte "Superverbreiter" handeln könne. Wenn man sie also so lange wie nötig isoliere, dann könne man vermeiden, dass sie eine große Zahl anderer Menschen ansteckten, so Devroey.
Viele Einreisen nach Belgien
Diese flämischen Jugendlichen sind aber ohnehin nur ein Fall von vielen. So mussten zum Beispiel in nur einer Woche mindestens zehn Scoutcamps beendet werden wegen Covid-Infektionen. Das Ganze ist natürlich auch kein Problem, das auf Kinder und Jugendliche beschränkt wäre. Rund 140.000 Menschen reisten zurzeit pro Woche nach Belgien ein, unterstrich der Biostatistiker Geert Molenberghs bei Radio Eén. Zum Vergleich: Das sind sieben Mal so viele wie im Februar, als noch Reisebeschränkungen galten.
2,5 Prozent der Menschen, die bei der Rückkehr aus dem Ausland getestet werden, sind infiziert. Das ist ein Durchschnittswert, je nach Urlaubsland sind es auch deutlich mehr: Bei den Belgiern, die aus Spanien zurückkommen, ist es jeder 25., also vier Prozent. Das sind ohnehin nur die, die erfasst und getestet werden.
Bei Nicht-Reiserückkehrern, also den Menschen, die aus anderen Gründen in Belgien getestet werden, liegt die Positivitätsrate hingegen bei einem Prozent. Bei Auslandsurlaubern ist es mindestens zweieinhalb Mal so wahrscheinlich, dass man sich ansteckt, bei Reisen in Hochrisikogebiete noch deutlich mehr.
Ansteckungen steigen erneut rasant
Wie stark sich das bereits jetzt auf die epidemiologische Situation im Land auswirkt, ist noch schwer zu beziffern. Aber was bereits deutlich ist, ist, dass sich die Lage verändert. Die Ansteckungen steigen seit relativ kurzer Zeit rasant. Laut den Sciensano-Zahlen von Freitag sind es plus 78 Prozent mehr bestätigte Infektionen pro Tag im Vergleich zur letzten Referenzwoche. Anfangs wurde das noch dadurch erklärt, dass mehr Menschen einen negativen Test zum Reisen brauchten. Das kann die höheren Fallzahlen aber nur noch zum Teil erklären, wie Molenberghs betont: Erstens würde inzwischen das Virus auch vermehrt gefunden bei Menschen, die aus anderen Gründen getestet würden. Zweitens ginge die Gesamtzahl der Tests nach und nach zurück, aber die Anzahl positiver Fälle steige.
Damit gibt es eben jetzt auch in Belgien, wie in anderen europäischen Ländern, wieder eine tatsächliche und effektive Zunahme der Corona-Fälle. Auch bei den Covid-bedingten Krankenhausaufnahmen ist bereits wieder eine Zunahme zu beklagen.
Wieder deutlicher Anstieg der Neuinfektionen mit dem Coronavirus
Boris Schmidt