Der Mordanschlag auf Peter R. de Vries hat eine Schockwelle ausgelöst. Zunächst natürlich in den Niederlanden, wo der Kriminalreporter eine regelrechte Berühmtheit ist. Peter R. de Vries gilt als unerschrockener Kämpfer für Gerechtigkeit. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, dass in einer Reihe von ungeklärten Verbrechen die Täter entlarvt werden konnten.
Akteur im Marengo-Prozess
Zuletzt war er einer der Akteure im sogenannten Marengo-Prozess, der gerade in einem Bunker in Amsterdam stattfindet. Auf der Anklagebank sitzt der wohl bekannteste Drogenbaron des Landes. Ihm wird unter anderem Mord zur Last gelegt. Dreh- und Angelpunkt in diesem Prozess ist ein Kronzeuge, der den Angeklagten entscheidend belasten kann. Der Druck, dem dieser Kronzeuge ausgesetzt ist, ist immens. Sein Bruder wurde schon ermordet, danach auch sein Anwalt. Und es war Peter R. de Vries, der dann zur Vertrauensperson von diesem Kronzeugen wurde. Der Journalist hat den Mann auch bei diversen Gelegenheiten vertreten. Und die Ermittler sehen laut Presseberichten denn auch hier einen Zusammenhang mit dem Mordanschlag. De Vries hatte im Übrigen selbst gesagt, dass er auf einer Todesliste des Drogenkartells stehe.
Drogenkrieg auch in Antwerpen
Die Niederlande sind freilich nicht das einzige Land, das mit einer ausgewachsenen Drogenproblematik zu kämpfen hat. Seit Jahren wütet auch in Antwerpen ein "War on Drugs". Der Hafen ist eine europäische Drehscheibe für den Kokainhandel. Antwerpen gilt als einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste europäische Zielhafen für Drogentransporte aus Südamerika.
Das Ganze läuft längst nicht mehr nur im Untergrund ab. In regelmäßigen Abständen kommt es zu "Abrechnungen im Milieu", wie man sagt. Da fliegen - und explodieren - auch schon mal Handgranaten. Den örtlichen Behörden ist da längst die Kontrolle entglitten. Der Antwerpener Bürgermeister Bart De Wever macht dafür vor allem die föderalen Behörden verantwortlich. Dazu muss man wissen, dass seine Partei gerade auf föderaler Ebene in der Opposition sitzt. Das bedeutet natürlich nicht, dass seine Feststellungen dafür grundsätzlich durch diese Brille zu sehen sein müssen.
Antwerpener Bürgermeister De Wever warnt
Jedenfalls hat sich De Wever keine 24 Stunden nach dem Mordanschlag auf Peter de Vries vor die Kameras gestellt, um eindringlich vor "niederländischen Verhältnissen" in seiner Stadt zu warnen. Was in Amsterdam passiert ist, sollte für uns der letzte in einer Serie von Weckrufen sein, sagte De Wever in der VRT. "Im Zusammenhang mit organisiertem Verbrechen und Drogenhandel ist alles, was in den Niederlanden passiert, nur ein Vorbote dessen, was wir auch hier sehen werden."
Der Mordanschlag auf Peter de Vries: ein Zeichen an der Wand also. Und, die Vergangenheit scheint De Wever Recht zu geben. Vieles von dem, was man in diesem Kontext zunächst in den Niederlanden beobachten konnte, wurde später tatsächlich auch nach Antwerpen "exportiert".
Entschiedeneres Vorgehen gefordert
De Wever rief die Föderalregierung jedenfalls dazu auf, im Kampf gegen die Drogenmafia jetzt mindestens einen Gang höher zu schalten. Schon jetzt ist zu sehen, dass die Drogenproblematik in Antwerpen auch mit Gewalt einhergeht. Der nächste Schritt ist, dass auch unschuldige Familienmitglieder ins Fadenkreuz geraten werden, gefolgt von Justizvertretern, Bürgermeistern, Anwälten und am Ende auch Journalisten.
Mehr Bedrohungen auch in Belgien
Im Grunde ist das jetzt schon so. Bereits jetzt sind auch in Belgien Politiker, Magistrate, Anwälte, Polizisten und auch Journalisten in zunehmendem Maße Bedrohungen ausgesetzt. Das berichtet die Zeitung De Standaard unter Berufung auf entsprechende Zahlen des föderalen Krisenstabs. Demnach hat sich die Zahl der Personen, die wegen ihrer Funktion unter Polizeischutz gestellt werden mussten, in den letzten drei Jahren "mal eben" verdoppelt. "Das organisierte Verbrechen wird schon immer dreister", so das Fazit von De Standaard.
Der föderale Justizminister Vincent Van Quickenborne kann das nur bestätigen. Wir sehen auch bei uns, dass immer mehr Menschen bedroht werden, insbesondere auch Journalisten, sagte Van Quickenborne in der VRT. Polizei und Justiz nehmen das sehr ernst. Diese Menschen werden mitunter auch geschützt.
Davon abgesehen sei es nicht so, als würden die Behörden nicht gegen die Drogenmafia vorgehen, sagte Van Quickenborne. Bester Beweis sei der jüngste Fahndungserfolg, als es den belgischen Ermittlern gelungen war, Sky ECC - also das verschlüsselte Kommunikationsnetzwerk der Kartelle - zu knacken. Hier würden sehr viele Menschen und Mittel eingesetzt.
Für De Wever reicht das indes noch nicht. Wenn man jetzt nicht wirklich alle zur Verfügung stehenden Mittel und Dienste in die Schlacht werfe, werde man den Krieg verlieren. In De Standaard sagt Föderalprokurator Frédéric Van Leeuw im Grunde das gleiche. "Wir müssen aus den Ereignissen in den Niederlanden lernen", sagt Van Leeuw in De Standaard. "Wir dürfen jedenfalls nicht warten, bis es zu spät ist".
Roger Pint
Örtlichen Behörden ist die Kontrolle entglitten und allerletzte Warnung in einer Serie von Weckrufen.
Man muss sich langsam fragen, wo man hier lebt.
In etwa so wie beim Kommitte R, zur Kontrolle der Geheimdienste. Vor 10 Jahren bereits Verbesserungsvorschläge gemacht, nach den Anschlägen vom 22. März 2016 nichts wurde umgesetzt. Die Politik versteckt sich hinter Ausreden und nimmt die ihr qua Amt obliegende Verantwortung unzureichend bis gar nicht wahr.
Wenn die Antwerpen Behörde, inklusive Bürgerneister de Wever mit dem Drogenproblem überfordert sind, dann gilt es für gewisse Bereiche dort den Ausnahmezustand zu verhängen und Recht & Ordnung wieder herzustellen. Zur Not auch unter Einsatz der Armee, mit zwei Infanteriebataillonen sollte der Hafen wohl zu kontrollieren sein. Dieses Problem löst sich wohl nicht von selbst, in dem man es ignoriert.