Am Mittwochmorgen wird sich wohl so mancher Wirt bei der Zeitungslektüre an seinem Frühstückskaffee verschluckt haben. Zumindest die, die La Dernière Heure lesen. Was stand da? Die RTBF hatte vor, wie schon bei der WM 2018, Cafés, Restaurants, Bars und Vereine, die die EM-Spiele zeigen, zur Kasse zu beten.
Als hätte das Gaststättengewerbe es in den letzten Monaten nicht schwer genug gehabt, wäre noch eine Belastung oben drauf gekommen. Nach den langen Monaten mit Einkommensverlusten stand noch eine weitere Ausgabe an, auf die der ganze Sektor natürlich nicht gewartet hat.
Der Bürgermeister von Woluwe-Saint-Pierre, Benoît Cerexhe, hatte die RTBF schon dazu aufgefordert, in dieser besonderen Zeit eine besondere Geste zu machen. Der Horeca-Sektor habe schließlich schon genug gelitten. Und der öffentlich-rechtliche Sender komme auch nicht in Probleme, wenn er auf die Gebühren verzichtet.
Ob durch Einsicht, Scham oder Druck, die RTBF hat sich jedenfalls umstimmen lassen. Der Sender erklärte aber, er sei eigentlich an einen Vertrag mit der UEFA gebunden, der die Zahlung von Gebühren bei Übertragung von EM-Spielen vorschreibt. "Wir zahlen die Rechte für die Übertragung der Spiele, und normalerweise müssen auch die Leute, die die Spiele weiterverbreiten, zahlen. Aber hier passen wir uns so an", hieß es.
181,50 Euro pro Spieltag
Schon bei der WM 2018 gab es jedoch eine Ausnahmeregelung - und die hätte jetzt wieder gegolten. Wenn die Bildschirme im Café oder Restaurant nach innen gerichtet sind, dann musste man diese Gebühr nicht zahlen. Wenn ein Bildschirm aber nach außen gerichtet ist oder auf der Außenterrasse steht, dann wäre die Gebühr doch angefallen.
Das Problem ist, dass man ja noch gar nicht weiß, ob und wie viele Menschen nach dem 9. Juni in einem Café oder Restaurant sitzen dürfen. Das muss der Konzertierungsausschuss noch entscheiden.
Als Gaststättenbetreiber möchte man es seinen Kunden natürlich so angenehm wie möglich machen, auch weil es wegen Corona draußen ohnehin sicherer ist. Und da drohte ihnen nach den langen Monaten mit Einkommensverlusten noch eine weitere finanzielle Belastung, die sich die Gaststättenbetreiber jetzt sparen können. In Zahlen ausgedrückt heißt das, 181,50 Euro pro Spieltag. Die EM zählt 22 Spieltage. Mit Mehrwertsteuer kommen da fast 4.000 Euro zusammen. Da muss man schon jede Menge Biere für zapfen.
Wer mehr als 300 Gäste bewirten kann, hätte pro Spieltag sogar 302,50 Euro zahlen müssen. Doch zum Glück vieler Wirte, wird da jetzt nichts draus. Das ist auch eine gute Nachricht für die Organisatoren, die das Public Viewing der Roten Teufel bei der EM in Eupen ausrichten.
dh/rtbf/mz