Als "normal" kann man den Terrassenbetrieb in den Niederlanden sicher noch nicht bezeichnen. Die Öffnungszeiten sind begrenzt, ebenso wie die Zahl der erlaubten Gäste. Hinzu kommen weitere sanitäre Schutzmaßnahmen. Aber selbst ein eingeschränkter Terrassenbesuch ist für manchen eben immer noch besser als gar kein Terrassenbesuch.
Oben drauf kommen dann noch ganz praktische Aspekte: Eine echte und umfassende Kontrolle aller Grenzübertritte ist einfach nicht möglich. Weder auf belgischer, noch auf niederländischer Seite. Und die niederländischen Gastronomen haben bereits sehr deutlich gemacht, dass sie nicht im Traum daran denken, selbst Polizei zu spielen. Sprich ihre Gäste nach der Nationalität zu fragen, bevor sie sie bewirten. Für sie ist allein wichtig, dass ihre Außenlokale ausgelastet sind.
Zusammengenommen führen all diese Faktoren dazu, dass ein Ansturm von unter anderem Belgiern insbesondere auf die niederländischen Grenzregionen befürchtet wird. Ein Ansturm, dem die Behörden beiderseits der Grenze effektiv nicht viel entgegensetzen können. Außer eindringlichen Appellen. So wie beispielsweise die Maastrichter Bürgermeisterin, die zwar am Mittwoch einräumen musste, dass sie den Belgiern nicht verbieten könne, zu kommen, die die Nachbarn aber dennoch diesbezüglich um Geduld und Solidarität bittet.
Appell an die Vernunft
Annelies Verlinden (CD&V), ihres Zeichens föderale Innenministerin, hat sich mit ihrem niederländischen Pendant zusammengetan, um in puncto Terrassenbesuche bei den Nachbarn dringend an die Vernunft der Belgier zu appellieren. Sie wisse, dass sich sehr viele Menschen nach einem Terrassenbesuch sehnten, aber das seien nun mal keine unentbehrlichen Auslandsreisen. Deswegen bitte sie darum, diese Art von Ausflügen weder zu planen noch zu machen, so Verlinden in der VRT.
Man müsse sich solidarisch und verantwortungsvoll verhalten – und zwar nicht nur im eigenen Land, sondern auch international. Nur so könne man die Ausbreitung des Virus in Belgien und auch in den Niederlanden bremsen. Grenzübertritte für einen Terrassenbesuch oder Tagesausflüge zum Einkaufen begünstigten die Ausbreitung des Virus beiderseits der Grenze und seien deshalb keine gute Idee, ließ die Innenministerin außerdem in einem entsprechenden gemeinsamen Kommuniqué mit den zuständigen niederländischen und auch deutschen Stellen verlauten.
Auch die Antwerpener Provinzgouverneurin Cathy Berx nahm kein Blatt vor den Mund: Die Belgier sollten bitte nicht für einen Terrassenbesuch über die Grenze gehen, so Berx. Und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Der Druck auf das belgische Gesundheitssystem und die Krankenhäuser sei und bleibe sehr hoch. Für ganz Belgien stünden nur noch 83 freie Betten auf den Intensivstationen zur Verfügung. Das sei sehr wenig. Jede einzelne Infektion, die jetzt dazukomme, sei eine zu viel, warnte die Gouverneurin. Und besonders in den Grenzgebieten seien die Ansteckungszahlen noch immer sehr hoch.
Eine Warnung, der sich auch der Bürgermeister der belgischen Grenzgemeinde Essen, Gaston Van Tichelt (CD&V) anschließt. Die Infektionszahlen in den niederländischen Grenzgemeinden seien höher als auf der belgischen Seite. Und zwar schon eine ganze Weile. Außerdem sei die Entwicklung der Corona-Zahlen in den Niederlanden auch negativer als hierzulande, so Van Tichelt weiter.
Geduld gefragt
Deswegen rufen sowohl er als auch Gouverneurin Berx die Menschen auf, noch Geduld zu haben. Denn so weit weg sei der 8. Mai ja auch nicht mehr und dann würden ja die Terrassen bei uns unter besseren und sichereren Bedingungen wieder öffnen.
Und wie die Innenministerin wendet sich auch Cathy Berx nachdrücklich an das Gewissen und das Verantwortungsbewusstsein der Belgier. Die richtigen Verhaltensmaßregeln und Vorschriften seien bekannt. Die Behörden könnten nicht immer, überall und bei jedem deren Befolgung beziehungsweise Einhaltung durchsetzen. Da müsse man auf das Prinzip Vertrauen setzen.
Hoffentlich hänge es nicht davon ab, ob ein Polizist daneben stehe, dass die Menschen das täten, von dem sie wüssten, dass es das Richtige sei für die eigene Gesundheit und die anderer Menschen, so Berx.
Boris Schmidt