Eigentlich war die Kommunikation nach dem Konzertierungsausschuss zumindest im Prinzip recht deutlich. Die angekündigten Lockerungsschritte sind geknüpft an den Fortschritt der Impfkampagne bei den älteren Menschen und den Risikopatienten, und auch an die Situation in den Krankenhäusern - genauer gesagt auf den Intensivstationen. Die muss sich nämlich auch verbessern.
Der Parameter des Impffortschritts mag dabei noch halbwegs verlässlich vorhersagbar sein. Denn mittlerweile hat die Kampagne Fahrt aufgenommen und falls es nicht zu neuen überraschenden und schwerwiegenden Problemen mit den Impfstoffen kommt, sollte diese Bedingung kein Hindernis für termingerechte Lockerungen werden.
Ohnehin haben die Menschen im Land keinen Einfluss auf die Lieferung und die Verabreichung der Vakzine. Anders sieht es hingegen mit dem Druck auf das Gesundheitswesen aus. "Hier ist entscheidend, wie sich die Menschen in den nächsten Tagen und Wochen verhalten werden", machte der Virologe Steven Van Gucht vom Nationalen Krisenzentrum bei der Pressekonferenz am Freitag sehr deutlich.
Der Plan des Konzertierungsausschusses für die Lockerungen sei machbar - aber keine Selbstverständlichkeit, unterstrich Van Gucht. Eine Warnung, die auch Sprecher Yves Stevens wiederholte. Es sei gut, dass der Konzertierungsausschuss Perspektiven gegeben habe. Aber das dürften die Menschen keinesfalls als Freibrief verstehen. Denn dafür sei der Druck auf die Krankenhäuser noch immer zu hoch.
Der Impffortschritt und das Verhalten der Menschen würden bestimmen, wie sich die Kurven entwickeln würden. Die Impfkampagne werde sich jeden Tag stärker auswirken. Aber noch sei es zu früh, um allein darauf zu zählen, um aus der Gefahrenzone zu kommen, betonte Stevens.
"Sowohl das Fortschreiten der Impfkampagne als auch die gute Befolgung der Corona-Regeln sind entscheidend und müssen Hand in Hand gehen", appellierte Van Gucht auch noch einmal in der VRT. Nur so könnten die Perspektiven auch wahrgemacht werden. Die Begrenzung der sozialen Kontakte, das Einhalten der Sicherheitsabstände, Arbeiten aus dem Homeoffice und so weiter – all das sei für den Augenblick weiter essenziell. Die Befolgung der Maßnahmen sei die beste Garantie, um in Kürze einige Sektoren wieder öffnen zu können.
Lage in den Krankenhäusern
Dass die Situation in den Krankenhäusern wirklich noch sehr ernst ist und für ein Erreichen der Lockerungsbedingungen weitere Anstrengungen erforderlich sind, daran ließ Van Gucht auch bei der Vorstellung der jüngsten Corona-Zahlen keinen Zweifel. Aus den Lichtpunkten der vergangenen Wochen sei eine gewisse Unsicherheit geworden, stellte der Virologe bei der Pressekonferenz fest.
Der Motor der sinkenden Zahlen stottere und eine deutliche Abnahme nach dem Peak sei bislang ausgeblieben. Auch wenn die Krankenhausaufnahmen weiter leicht sinken würden, so sei das noch nicht genug, um den Druck ausreichend zu verringern. Es sei grundlegend, vorzubeugen, anstatt heilen zu müssen, erklärte der Virologe Yves Van Laethem hinsichtlich der starken Belegung der Intensivbetten.
Außerdem müsse man auch hervorheben, dass viele der Menschen, die jetzt in die Krankenhäuser aufgenommen werden müssten, mittleren Alters seien oder junge Senioren, so Van Gucht. 20 bis 30 Prozent von ihnen hätten keine erschwerenden Vorerkrankungen. Es werde noch Wochen dauern, bis auch diese Gruppen gegen das Virus geimpft seien, so der Virologe.
Boris Schmidt