Kein Tag ohne neue Meldungen über Impfstoffe. Mal sind es gute Neuigkeiten, mal weniger gute. Der Impfstoff des schwedisch-britischen Konzerns Astrazeneca hat in den letzten Tagen und Wochen für besonders viel Diskussionsstoff gesorgt. Erst war es die Ankündigung, dass das Unternehmen die versprochenen Mengen nicht liefern kann. Und dann kam die Empfehlung, den Impfstoff in einer ersten Phase nicht Über-55-Jährigen zu verabreichen. Dies schlicht und einfach, weil man nicht weiß, wie das Präparat bei dieser Altersgruppe wirkt.
Das vielleicht größte Problem mit dem Impfstoff war aber bislang seine Wirksamkeit. Die wird mit 60 Prozent angegeben. Das ist zwar eigentlich "ganz gut", nur liegt dieser Wert bekanntlich bei der Konkurrenz viel höher. Die Impfstoffe von Pfizer und Moderna, und auch der russische Sputnik V sind zu über 90 Prozent wirksam. Das sorgt dafür, dass vor allem der Astrazeneca-Impfstoff insbesondere im Pflegesektor als "minderwertig" durchgeht, wie auch die Zeitung De Standaard schreibt.
Wirksamkeit
Doch ist hier offensichtlich noch nicht das letzte Wort gesprochen. Laut einer neuen Studie ist es möglich, den Wirksamkeitsgrad merklich zu erhöhen. Es war schon bekannt, dass eine zweite Dosis die Effizienz auf rund 70 Prozent steigert. Neue Erkenntnisse weisen jetzt darauf hin, dass man die Wirksamkeit auf sogar 80 Prozent anheben kann, wenn man die zweite Impfung erst nach zwölf Wochen verabreicht, erklärte in der RTBF auch Jean-Michel Dogné, Professor für Arzneimittelsicherheit an der Uni Namur und Mitglied der Impf-Taskforce.
Davon abgesehen biete der Impfstoff von Astrazeneca schon jetzt einen sehr guten Schutz, vor allem gegen ernste Krankheitsverläufe. Wer mit dem Mittel geimpft ist, der wird in aller Regeln nicht im Krankenhaus behandelt werden müssen.
"Das ist doch schonmal was", denkt man sich anscheinend auch bei der Taskforce. Laut De Standaard eröffnen vor allem die neuen Erkenntnisse in puncto Wirksamkeit neue Perspektiven. Konkret: Wenn man die zweite Dosis erst nach zwölf Wochen verabreichen muss, dann kann man eigentlich alle Chargen gleich verimpfen, dann müssen nämlich nicht Impfdosen zurückgelegt werden, um sicher zu sein, dass im richtigen Moment eine Dosis zur Verfügung steht. Bei den Impfstoffen von Pfizer und Moderna hat man nur vier Wochen Zeit zwischen beiden Spritzen.
Ergo, so zumindest die derzeitige Tendenz bei der Taskforce: Wenn man die Dosen nicht zurücklegen muss, sondern gleich verabreichen kann, dann kann man das Impf-Tempo beschleunigen.
Südafrikanische Corona-Variante
Doch kaum war dieser Gedanke gereift, da kam dann doch wieder eine schlechte Neuigkeit, und zwar aus Südafrika. Das Land hat seine Impfkampagne mit dem Astrazeneca-Präparat erstmal gestoppt. Der Grund: Eine erste Stichprobe hat anscheinend ergeben, dass der Astrazeneca-Impfstoff wohl nur sehr bedingt gegen die südafrikanische Variante des Coronavirus wirkt.
Die Daten wurden zwar nur bei 2.000 Testpersonen erhoben, aber dafür sind sie doch eindeutig, sagte auch der Virologen Marc Van Ranst in der VRT. Die eine Hälfte hat den Impfstoff verabreicht bekommen, die andere Hälfte ein Placebo. Resultat: In beiden Gruppen haben sich quasi gleich viele Probanden angesteckt. Heißt also: Man kann nicht behaupten, dass der Impfstoff die Menschen schützt. "Und das ist keine gute Neuigkeit", sagt Marc van Ranst.
Jean-Michel Dogné von der Taskforce relativiert. Die Probanden in Südafrika seien alle recht jung gewesen. Man wisse also nicht, ob der Impfstoff nicht doch gegen einen schweren Krankheitsverlauf schützt. Was nicht heiße, dass die Meldung aus Südafrika nicht besorgniserregend ist, unterstreicht Jean-Michel Dogné. Die Taskforce werde die neuen Erkenntnisse noch in dieser Woche in Augenschein nehmen, um zu ermitteln, ob nationale Empfehlungen angepasst werden müssen. Positiv sei aber, dass die südafrikanische Variante in Belgien noch nicht allzu häufig aufgetreten sei.
In jedem Fall zeigt sich hier, dass die Impfstrategie eben nicht in Beton gegossen sein kann, dass man einfach nicht Wochen und Monate in die Zukunft planen kann. Bis alle, die es wollen, geimpft sind, wird man noch oft an Stellschrauben drehen müssen. Vor allem aber, und da sind sich die Experten einig, muss man wachsam bleiben.
Roger Pint
Trotzdem möchte ich lieber den Pfitzer/Biontech erhalten, die EU hat gerade weitere 300 Millionen Dosen bestellt.
Als Krankenschwester in der ambulanten Pflege, die nun diese Woche statt mit Biontec plötzlich mit AstraZeneca geimpft werden soll, fühle ich mich wenig wertgeschätzt und ausgenutzt. Ich werde 58 und tendiere dazu, dieses Impfangebot, das meine Altersgruppe wohl bisher wenig schützt, abzulehnen.
@ K. Schwarz
Da kann man Ihnen nur beipflichten, Frau Schwarz.
Das Spielchen, das Astra Zeneca zudem auf dem Rücken der Impfwilligen aufführt, ist weder für das Vertrauen in die Firma noch in den Impfstoff hilfreich.
Ich bin ein Befürworter der Impfkampagne und werde ein Impfangebot mit Astra-Zeneca dankend ablehnen.
«... und werde ein Impfangebot mit Astra-Zeneca dankend ablehnen.»
Das kann ich nachvollziehen, allerdings stelle ich mir die Frage, ob man dann in absehbarer Zeit ein zweites Impfangebot erhält.
Ich schätze, es wird sogar noch viel schlimmer kommen: Statt des Impfstoffs von AstraZeneca wird jener von Janssen verimpft werden, der laut der Phase-III-Studie mit nur 66% eine noch geringere Wirksamkeit aufweist.
Da würde ich mich eher mit Sputnik V impfen lassen, der aber leider in absehbarer Zeit nicht zugelassen wird.
@Herr Jusczyk
Verstehe ich nicht, dachte das über 55 jährige nicht damit geimpft werden, oder habe ich das falsch verstanden.
@Peter Mertens: Der Impfstoff von AstraZeneca ist in Belgien für über 55-jährige (in Deutschland für über 65-jährige) nicht zugelassen, weil es für diese Gruppe keine aussagekräftigen Studienergebnisse über die Wirksamkeit gibt. Das bedeutet natürlich nicht, dass das Vakzin nicht auch für Ältere wirksam sein könnte, aber man geht (anders als in Großbritannien) hier lieber auf Nummer sicher.
Sorgen bereitet mir eher die Tatsache, dass der Impfstoff von Johnson & Johnson, der bald durch die EMA zugelassen wird, eine noch geringere Wirksamkeit als der von AstraZeneca aufweist.
Selbst wenn theoretisch die gesamte Bevölkerung damit geimpft werden würde, könnte bei einer Wirkung von nur 66 Prozent niemals eine Herdenimmunität aufgebaut werden.
Das Vakzin, das bei Janssen produziert wird, dürfte bestenfalls vor schweren Krankheitsverläufen schützen, aber eine effektive Pandemiebekämpfung durch Herstellung einer Herdenimmunität wird damit nicht zu bewerkstelligen sein. Noch unklar ist ebenso die Wirksamkeit im Hinblick auf sich durchsetzende neue Virus-Mutanten.
Nur zur Info, es gibt Virus Mutationen aber Virus Mutanten gibt es nicht!!!
@Frank Jörg Rimbach: Dann scheint ja einiges schief zu laufen.
Hier ein paar Überschriften:
- Zusätzliche Tests "nicht notwendig": Virus-Mutanten werden nur zufällig entdeckt
- Angst vor den Mutanten: Lockdown ohne Ende oder Desaster mit vielen Toten?
- Corona-Mutanten: Brandgefährlich oder Schreckgespenst?
- Corona-Mutante: 1.200 Kräfte kontrollieren Ausreise aus Tirol
- Corona-Mutante B.1.1.7: Eine unsichtbare Welle baut sich auf
Ich bin ebenfalls Krankenschwester, hatte aber das Glück, mit Moderna geimpft worden zu sein.
Kann der Kollegin nur beipflichten, Astrazeneca hätte ich ebenfalls abgelehnt.
Lieber Herr Juscyk!!!
Dann sehen Sie bitte einmal in den Duden, Mutationen ist etwas anderes als Mutanten, Mutationen gibt es in der Natur, Mutanten bei Perry Rhodan oder bei anderen Science Fiction Romanen.
Es sollte auch nur ein Hinweis und keine Kritik.
@Frank Jörg Rimbach: Das habe ich auch nicht als Kritik verstanden.
Man lernt nie aus. 😉
Wenn man sich mal reflechierend zurücklehnt und mal sich die ganze Situation durch den Kopf gehen lässt, fragt man sich:
Was ?, Wie? Wann? Der kann nicht die vereinbarte Dosis liefern, der Andere auch nicht....
Täglich gehen Meldungen von wirkt, wirkt nicht, oder nicht richtig durch die Medien.
Sputnik V wird anfangs total kritisiert..jetzt will die EU auch...
Manche verwechseln hier wenig getestet mit wenig Schutz..gerade weil diese Altersgruppe zu wenig getestet wurde, ist da UNKLARHEIT.
Eigentlich hat man das Gefühl, das Alle zusammen mit der Situation seit bald einem Jahr komplett überfordert sind, weil es das lange nicht mehr gab.