Der Aufbauplan der EU sieht insgesamt 337 Milliarden Euro an Subventionen und 385 Milliarden Euro an Krediten vor. Fast sechs Milliarden davon entfallen auf Belgien. Und mit der Einigung, wie dieses Geld im Land verteilt werden soll, sei eine wichtige Etappe der Wiederaufbaustrategie für die Zeit nach der Corona-Pandemie erreicht worden, teilte der Staatssekretär für wirtschaftliche Neubelebung und strategische Investitionen, Thomas Dermine (PS), mit.
Auf Basis dieser Einigung kann der EU-Kommission jetzt ein erstes Dokument zur Verwendung der Gelder unterbreitet werden. Der endgültige Plan muss dann bis Ende April eingereicht werden. Die Mittel aus dem Hilfsfonds sind an inhaltliche Kriterien gebunden – etwa Klimaschutz oder Digitaler Wandel, denn Europa soll so auch moderner und nachhaltiger werden.
50 Millionen davon sollen an die DG gehen. Ministerpräsident Oliver Paasch hat sich "sehr zufrieden" mit diesem Verhandlungsergebnis gezeigt. 1,25 Milliarden Euro sind für den Föderalstaat vorgesehen, 2,25 Milliarden für Flandern, 1,48 Milliarden für die Wallonie, 495 Millionen für die Französische Gemeinschaft und 395 Millionen Euro für die Region Brüssel-Hauptstadt.
Mittelverteilung: DG erhält 50 Millionen aus europäischem Hilfsfonds
Wirtschaft stärken und erneuern
Premierminister Alexander De Croo (OpenVLD) lobte die Einigung am Dienstagmorgen bei Radio 1. Dieser Plan werde die belgische Wirtschaft stärken und auch erneuern. Das sei ein sehr wichtiger Schritt vorwärts - gerade auch, weil Belgien ökonomisch besonders schwer von der Krise getroffen worden sei, erklärte De Croo.
Der belgische Verteilungsplan beinhaltet nach De Croo fünf große Komplexe mit jeweils eigenen Unterteilungen und Projekten. Es handelt sich dabei um Nachhaltigkeit, den digitalen Wandel, Mensch und Gesellschaft, die Erhöhung der Produktivität und Mobilität. Die einzelnen Regierungen des Landes müssten nun mitteilen, welche spezifischen Projekte aus diesen Komplexen für sie die höchste Priorität haben.
Bei der Verteilung, auf die sich die verschiedenen Ebenen geeinigt haben, sei eine Kombination verschiedener Schlüssel angewandt worden, so De Croo. Eingeflossen seien etwa der jeweilige wirtschaftliche Schaden und das Investitionsvolumen, aber auch zum Beispiel die Bevölkerungsanteile. Er halte diese Aufteilung für richtig und er glaube, dass sich jeder darin wiederfinden könne, betonte der Premier.
Reaktionen
Wiederfinden ist eine Sache, Zufriedenheit eine etwas andere. Der flämische N-VA-Finanz- und Haushaltsminister Matthias Diependaele beispielsweise begrüßte die Einigung noch in der Nacht, weil die wirtschaftliche Wiederbelebung keinen Aufschub dulde. Aber zwischen den Zeilen ließ er deutlich durchblicken, dass es, weil Flandern den größten Anteil an der belgischen Wirtschaft habe, auch ruhig mehr als die zugestandenen 40 Prozent der Mittel hätten sein dürfen.
Flanderns Ministerpräsident Jan Jambon (ebenfalls N-VA) bezeichnete die Einigung in der VRT als "in ihrer Gesamtheit zu verteidigen". Flandern hatte anfangs drei Milliarden gefordert, also die Hälfte des Gesamtpakets. Jambon stellte aber klar, dass man eben eine Einigung habe finden müssen, sonst hätte niemand irgendetwas bekommen. Das sei nach schwierigen Gesprächen gelungen, in denen alle Abstriche hätten machen müssen. Die flämische CD&V-Arbeitsministerin Hilde Crevits zeigte sich derweil zufrieden, auch weil Digitaler Wandel und Nachhaltigkeit betont würden. Und das seien auch flämische Prioritäten.
Kritik aus Brüssel
Anders sieht das die Region Brüssel-Hauptstadt. Flandern und die Wallonie hätten das Ganze untereinander ausgemacht, auf dem Rücken Brüssels, zitiert die Zeitung Le Soir nicht genannte Quellen. Die Verteilung scheint zumindest für manche in der Brüsseler Regierung eine bittere Pille zu sein.
Die Ecolo-Staatssekretärin für den wirtschaftlichen Wandel, Barbara Trachte, sagte, sie sei überrascht, wie wenig Brüssel als wirtschaftliche Lunge des Landes bekomme. Sie erwarte Erklärungen, ob Brüssel hereingelegt worden sei. Der Schlüssel, der hier angewandt worden sei, erscheine jedenfalls sehr unvorteilhaft für die Hauptstadt, so Trachte. Gesundheitsminister Alain Maron, ebenfalls Ecolo, forderte ein umgehendes Treffen der Regionalregierung ein.
Schützenhilfe kommt auch von Parteikollegin Zakia Khattabi, ihres Zeichens föderale Klima- und Umweltministerin. Sie bezeichnete die Verteilung auf Twitter ebenfalls als sehr unvorteilhaft für Brüssel. Ähnlich äußerten sich Défi und auch die Brüsseler MR, die respektive in der Regionalregierung beziehungsweise in der Opposition sitzen. PS-Ministerpräsident Rudi Vervoort wollte zunächst nicht reagieren. Aus seinem Kabinett hieß es lediglich, dass niemand alles bekommen habe, was er gewollt habe.
Boris Schmidt