"Nackt am Fallrohr", so würde wohl der Titel lauten, wenn man die Geschichte denn verfilmen würde... Erstmal die Fakten: Freitagabend, gegen 22:00 Uhr, mitten in Brüssel, unweit der Börse. Polizisten verschaffen sich Zugang zu einer Wohnung, in der es offensichtlich heiß her geht. Nachbarn hatten die Ordnungskräfte verständigt, weil aus der Wohnung laute Musik kam und sie vermuteten, dass dort eine Lockdown-Party stattfand. Die Beamten staunten nicht schlecht, als sie im Wohnzimmer ankamen: Eine wilde Szenerie fanden sie vor: viel Alkohol, auch Drogen, aber vor allem 25 Männer, die keine Maske trugen aber auch sonst nichts anhatten. Hier war wohl eine Gruppensex-Party im Gange...
An sich ist das nicht wirklich ein Problem nach dem Motto "Jedem Tierchen sein Pläsierchen." Nur gilt das eben nicht im Lockdown: Das Ganze war ein grober Verstoß gegen die Corona-Regeln.
Die Geschichte hätte dennoch mit einem Bußgeld beendet sein können, wenn nicht einige der Partygäste im Besitz von Diplomatenausweisen gewesen wären. Mehr noch: Es war auch ein EU-Parlamentarier mit von der Partie. Der hatte eigentlich versucht durchs Fenster zu flüchten. Immer noch wie Gott ihn schuf habe er sich zunächst an der Dachrinne davon gehangelt. Passanten hätten den Mann aber bemerkt, wie er am Fallrohr nach unten geklettert sei, sagte Sarah Durant, Sprecherin der Brüsseler Staatsanwaltschaft, in der VRT. Polizisten hätten ihn wenig später stellen können, er habe wegen seiner Klettereinlagen blutige Hände gehabt. In seinem Rucksack stellten die Beamten zu allem Überfluss dann auch noch Rauschmittel sicher.
Da steht er also: Nackt, mit blutigen Fingern... Doch weist der Mann gleich darauf hin, dass er parlamentarische Immunität genießt. Weil er den entsprechenden Ausweis nicht dabei hat, bringen ihn die Beamten zu seiner Wohnung, wo er dann schlussendlich seinen Diplomatenpass vorzeigen kann.
Zunächst, als die Zeitung La Dernière Heure die Geschichte exklusiv veröffentlichte, war es nur ein "anonymer" EU-Parlamentarier. Sein Name sickerte aber später doch durch. Es stellte sich heraus, dass der Betreffende am Sonntag schon seinen Rücktritt als Europaparlamentarier angekündigt hatte, begründet hatte er diesen Schritt mit "seelischer Belastung". Er hatte wohl gehofft, dass er damit noch aus der Geschichte hätte herauskommen können.
Stattdessen stand plötzlich sein Name im Raum: Joszef Szajer. Und da dürften nicht nur in Brüssel einige doch sehr hellhörig geworden sein. Dieser Joszef Szajer ist nämlich nicht irgendwer. Der 59-Jährige ist ein enger Vertrauter des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, dessen Regierung man Verstöße gegen die Rechtstaatlichkeit vorwirft. Mehr noch: Szajer ist sogar Mitbegründer der regierenden Fidesz-Partei, die sich ja als Verfechterin der christlichen Werte sieht.
Der langjährige Weggefährte von Viktor Orban ist für seine ultra-konservativen Positionen bekannt. Er hat maßgeblich an der ungarischen Verfassung mitgeschrieben und dabei insbesondere einen Satz eingefügt, in dem die Ehe als eine "Verbindung ausschließlich zwischen Mann und Frau bezeichnet" wird. Gerade liegt ein neuer Verfassungsentwurf auf dem Tisch, in dem die Fidesz-Partei ihre zutiefst homophobe Politik noch weiter untermauern will.
Das macht die skurrile Eskapade dann auch zum Politikum. Im Prinzip ist es Privatsache, was unter der Bettdecke passiert, also wie man seine Sexualität auslebt. Bei Joszef Szajer wird aus dem Ganzen aber ein Musterbeispiel für Doppelmoral, nach dem Motto: "Tu, was ich Dir sage, und nicht, was ich tue!"
Joszef Szajer hat die Vorwürfe inzwischen eingeräumt, wobei er den Drogenbesitz abstreitet. Er entschuldigt sich für den Verstoß gegen die belgischen Corona-Regeln, bezeichnet den Fehltritt aber als "rein persönlich."
Angesichts seiner Stellung innerhalb der Fidesz-Partei ist das wohl Wunschdenken. Die Geschichte könnte sogar Auswirkungen haben für den ungarischen Premier Orban, sagte der ungarische Brüssel-Korrespondent Sandor Zsiros in der VRT. Orban habe den anderen Staats- und Regierungschefs gegenüber seine Positionen immer damit begründet, dass er "die christlichen Werte" verteidigen wolle. Nun, nach diesem Vorfall gibt es da wohl ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Das Internet hat sich in diesem Zusammenhang an einen schönen Satz des Satirikers und Zeichners F.W. Bernstein erinnert: "Die schärfsten Kritiker der Elche sind heimlich selber welche."
Roger Pint
Da sehe ich hier genau das was sich vor ca.90 Jahren in unserem grossen Nachbar abspielte: Die homosexuelle Orientierung mehrerer hoher SA-Führer lieferte Hitler dabei einen willkommenen Vorwand. Die Spielanleitung erinnert an den Sturz des NPD-Vorsitzenden Holger Apfel Ende 2013, der parteiintern mit Spekulationen über sein Privatleben begleitet wurde. Darin wurde auch „ein Vorfall“ kolportiert, bei dem sich ein 20-jähriger NPD-Helfer von Apfel belästigt gefühlt habe.
Röhm hatte seinerzeit kein Geheimnis daraus gemacht, schwul zu sein. Er verkehrte offen im Berliner Strichermilieu und zeigte sich mit seinen Favoriten. Nach seiner Rückkehr aus Bolivien, wo er 1928 bis 1930 als Militärberater gearbeitet hatte, machte ihn Hitler zum „Obersten SA-Führer“. In dieser Funktion baute er die Braunhemden zu einer „revolutionären Volksmiliz“ mit zeitweise rund vier Millionen Mitgliedern aus. In seinem Führungsstab brachte er zahlreiche Homosexuelle unter.
Genau, es war ein Verstoss gegen die Regeln, und sonst nichts. In einer doch durch und durch verrückten gegenderten Welt, werden die privaten "Neigungen" eines Homosexuellen zur Verurteilung von Orban's Partei herangezogen.
"Angeblich kann man doch nichts für seine Veranlagung"; kann man dann dennoch für "normale" Werte eintreten? Lieber BRF, wer hier doppelmoralisch ist, ist letztendlich die Frage?
Doppelmoral, Herr Wahl ?
Würden Sie auch so urteilen, wenn ein Ayatollah beim Schweinshaxenwettfuttern ertappt worden wäre?
Haha, EU lässt die Masken fallen bzw. alle Hosen runter, im wahrsten Sinne des Worts.
In diesem Fall war es eher ein EU-Skeptiker, Herr Drescher!
@ Herr Wahl,
nicht nur ein Verstoß gegen die Regeln, da waren auch Drogen mit im Spiel
Wie schreibt die deutsche Presse
In Budapest Moral-Apostel, in Brüssel bungabunga mit 25 Männern und Drogen!
"In diesem Fall war es eher ein EU-Skeptiker, Herr Drescher!"
Ich weiß nicht wirklich, ob alles was sich "Europaskeptiker" schimpft aber fein Gelder über die EU von uns kleinen Leuten hier kassiert wirklich so EU-kritisch ist.
Nebenbei gefragt, was läuft eigentlich beim angeblichen "Brexit", der bisher alles andere als ein "Exit" aus der EU ist? In meinen Augen nichts weiter als ein fieses Täuschungsmaneuver der Engländer und der übrigen EU, um noch mehr Geld vor allem von den Menschen in DE, NL, LU und AT zu erpressen durch einen angebliche Ausstieg der finanziell bestens dastehenden Engländer aus dieser EU.
@ Yves Tychon: "Ein Ayatollah beim Schweinshaxenwettfuttern".
Der war sehr gut, Yves!
@ Georg Kremer: Vielen Dank für das Lob, lieber Georg!
@ Jean-Paul Drescher: Da muss ich Ihnen ein wenig auf die Sprünge helfen. Zu den Wahlen zum Europäischen Parlament treten auch Parteien und Listen an, die dem europäischen Gedanken skeptisch bis ablehnend gegenüber eingestellt sind.
Sind deren Kandidaten erst einmal gewählt, brauchen sie nicht etwa einen Treueeid auf die EU abzulegen, sondern können - da sie zu einer konstruktiven Zusammenarbeit nicht willens oder fähig sind - nach Herzenslust stänkern. Prominentestes Beispiel ist Nigel Farage, der als MdEP von 1999 bis 2020 seine Diäten bezog und jetzt seine Rente aus der EU-Kasse bezieht. Alles andere wäre ja auch völlig undemokratisch, vertreten solche Leute doch die Auffassungen jener Wähler, denen man weis gemacht hat, dass alles Üble aus Brüssel kommt, während Positives nur in den eigenen Hauptstädten entsteht.
"Ein Schelm der Böses dabei denkt"
Die schlimmsten Homofeinde sind meist selber Schwul?
Nun bleiben diesem Joszef Szajer nur noch zwei Möglichkeiten: seinen Hals aus dem Strick zu ziehen; entweder er erschießt sich, oder er geht in die Offensive, denn Viktor Orban, der selbsternannte Hüter der Moral, verzeiht nichts!
Schon interessant, wo Karrieregeileit bisweilen führen kann!
"Eene meene Mistel, es rappelt in der Kiste......Eene meene Meck, und du bist WEG!"
Hat nicht auch ein Diplomat aus Estland an diesem Treiben teil genommen?
Wenn man schon meint darüber berichten zu müssen, dann bitte auch vollständig und ausgewogen. Oder ist es eine bewusste Meinungsmache die hier betrieben wird?
an Edgar Fink.: Herr >Fink, Sie haben recht. es war auch ein Diplomat aus Estland dabei. Der Unterschied allerdings, besteht darin, daß die estnische Politik nicht Homophob ist im Unterschied zu Viktor Orban's Ungarn, wo Herr Szajer seit Jahren mit daran wirkt; Homosexuelle Menschen an gesellschaftliche Teilhabe zuz hindern, Herr Fink. Nichts für Ungut, abe rman geht nicht auf einer Homosexparty, wo Poposex getrieben wird, wenn man nicht Schwul ist, und grenzt seit Jahren an einflussreicher Stelle die eigene Klientel aus. Das Herr Fink, ist Heuchlerisch!