Das Zauberwort heißt "Exit-Strategie" - das geplante Vorgehen, um einen Ausgang aus der Corona-Krise zu finden. Das Ganze - das haben sowohl Wissenschaftler als auch die politisch Verantwortlichen oft genug wiederholt - in Abhängigkeit von der Entwicklung der Corona-Zahlen.
Diese entwickeln sich allem Anschein nach weiterhin positiv. Wer allerdings glaubt, dass dieser Abwärtstrend reichen könnte, um sich schon auf baldige neue Zugeständnisse in Sachen Corona-Regeln zu freuen, wird wahrscheinlich eher enttäuscht werden. Das geht aus einer Note des föderalen Corona-Kommissars Pedro Facon hervor, in die die Redaktion von Het Nieuwsblad Einblick nehmen konnte. In der ist ein Teil der "Exit-Strategie" beschrieben.
Darin ist festgehalten, dass zwischen den Lockerungen, die schrittweise erfolgen sollen, jeweils drei Wochen liegen sollten. Das soll dem Konzertierungsausschuss erlauben, auch bewerten zu können, welchen Effekt die vorhergehenden Lockerungen haben. Das Datum, auf das wir uns laut Het Nieuwsblad für die nächste Lockerung einstellen sollten, lautet: 1. Februar. Nach dem Dokument des Corona-Kommissars ist für den 15. Januar wieder ein Konzertierungsausschuss angesetzt. Aber wie kommt dann das Datum 1. Februar zustande?
Die politisch Verantwortlichen haben eine sogenannte "sichere Zone" definiert. Das ist ein Bereich, in dem sich die Corona-Zahlen bewegen müssen, damit die Situation als "sicher" betrachtet werden kann. Das erklärte auch der föderale Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke (SP.A) in "De afspraak". Dafür seien im Konzertierungsausschuss, in dem alle Regierungen des Landes vertreten seien, formell entsprechende Werte festgelegt worden, so Vandenbroucke. Erst wenn man diese Werte unterschreite, könne man wirklich über ernste Lockerungen sprechen.
Diese "sichere Zone" könnte Belgien laut Berechnungen von Biostatistikern in Het Nieuwsblad zwischen dem 4. und 10. Januar erreichen. In der Exit-Strategie ist aber festgelegt, dass Lockerungen erst dann kommen können, wenn sich das Land drei Wochen lang in dieser sicheren Zone hält. Das wäre eben Anfang Februar. Das alles wohlgemerkt nur, wenn es nicht zur gefürchteten sogenannten "Weihnachts-Corona-Welle" kommt. Also wenn sich die Menschen auch über die Festtage so weit an die Regeln halten, dass die Epidemie nicht wieder Fahrt aufnimmt.
Inzidenzwert
Damit von einer "sicheren Zone" gesprochen werden kann, müssen der sogenannte Inzidenzwert, also die Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner über einen Zeitraum von 14 Tagen, und die täglichen Krankenhausneuaufnahmen unter den vom Konzertierungsausschuss festgelegten Werten liegen. Für den Inzidenzwert ist das Ziel 100 oder weniger, das entspricht für Belgien etwa 800 bestätigten Infektionen pro Tag. Bei den Krankenhausneuaufnahmen pro Tag müssen es unter 75 sein. Aktuell hat Belgien eine Inzidenz von 376 und 229 tägliche Krankenhausaufnahmen - ist also noch deutlich von der sicheren Zone entfernt.
Auch wenn diese Grenzwerte erreicht werden, müssen sie für eine gewisse Weile auch gehalten werden können, bevor die Corona-Regeln abgeschwächt werden können. Man dürfe keinesfalls zu schnell Beschlüsse fassen, unterstrich Vandenbroucke. Das Ganze müsse man sich wie einen Abgrund vorstellen. Um sicher zu sein, müsse man eben weit genug vom Rand des Abgrunds entfernt bleiben. Dieser Abgrund seien eben die 800 Infektionen und 75 Krankenhausaufnahmen. Überschreite man die, dann stürze man wieder in besagten Abgrund, so Vandenbroucke.
Für die Krankenhausaufnahmen beträgt der erwähnte zeitliche Sicherheitspuffer eine Woche, für den Inzidenzwert sind es drei. Es gibt noch eine dritte Bedingung: Die beiden Kurven müssen eine Abwärtstendenz haben. Man müsse also wirklich von einer Verbesserung der Lage sprechen können, betonte Vandenbroucke.
Boris Schmidt