Am Freitag wird der Konzertierungsausschuss zusammenkommen, um die aktuelle Coronavirus-Situation zu bewerten und um darüber zu entscheiden, ob die geltenden Hygieneschutzmaßregeln angepasst werden können. Allerdings hat Premier De Croo (Open VLD) den Ton bereits vorgegeben: Das Allerletzte, was man wolle, sei eine dritte Corona-Welle aufgrund unvorsichtigen Verhaltens.
Der föderale Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke (SP.A) wollte dem Konzertierungsausschuss am Montagmorgen in der RTBF nicht vorgreifen. Man werde die Situation auf Basis der Zahlen bewerten, die man erst am Freitag haben werde. Und ja, die Zahlen gingen in eine gute Richtung, und dafür wolle er sich auch bei all denjenigen bedanken, die die Regeln befolgten, so Vandenbroucke. Nur dank dieser Solidarität gehe es aufwärts.
Aber dennoch sei deutlich, dass die Gesundheitssituation im Land nach wie vor nicht in Ordnung sei. Nach wie vor würden über 300 Menschen pro Tag wegen Covid in die Krankenhäuser aufgenommen und bliebe die Situation dort angespannt. Die Zirkulation des Virus werde auch Ende Dezember noch sehr groß sein. Und deswegen glaube er, dass es zu früh sei, um die Regeln zu lockern.
Dritte Welle vermeiden
Aber man werde die Lage eben am Freitag evaluieren und dann entscheiden. Das Ziel sei jedoch ganz deutlich und bereits von Premier De Croo erklärt worden: Eine dritte Welle müsse um jeden Preis vermieden werden. Die erste Welle sei bereits katastrophal gewesen, die zweite sogar noch schlimmer. Und es seien bereits über 15.000 Menschen in Belgien gestorben.
Und deswegen sei man auch extrem vorsichtig beim weiteren Vorgehen, betonte Vandenbroucke. Und man müsse auch ganz eindeutig zwei Phasen unterscheiden. In einer ersten Phase gehe es darum, die Zahl der Neuansteckungen drastisch zu drücken. Und das bedeute, dass man viel geringere Zahlen als jetzt brauche. Und in der darauf folgenden zweiten Phase müsse man dann das erreichte Niveau halten, also die Infektionszahlen auf einem dauerhaft niedrigen Stand halten und verhindern, dass die Epidemie wieder Fahrt aufnehme. Und er wisse sehr wohl, wie schmerzhaft die Maßnahmen für all jene seien, die von ihnen betroffen seien, wie etwa Ladenbesitzer oder Horeca-Betreiber.
Impfstrategie
Neben den Hygieneschutzmaßregeln steht in diesen Tagen aber vor allem ein anderes Corona-Thema im Mittelpunkt: die Impfstoffe beziehungsweise die belgische Impfstrategie. Noch sind von den zuständigen Stellen keine Impfstoffe zugelassen worden, von einer Lieferung ganz zu schweigen. Aber natürlich muss schon im Vorfeld alles so weit geregelt werden, dass – sobald es dann soweit ist – die Impfung mit möglichst geringen Verzögerungen und Problemen anlaufen kann.
Und hier gibt es heftige Kritik aus den Reihen der Opposition, namentlich der CDH. Belgien sei hier bereits enorm im Verzug, beklagte der Parteivorsitzende Maxime Prévot heute in La Libre Belgique, La Dernière Heure und auch bei BelRTL. Die Regierung habe sich eines eklatanten Mangels an vorausschauender Planung schuldig gemacht. Statt bereits vor Monaten zu agieren, habe man erst im November eine entsprechende Arbeitsgruppe eingerichtet. Das drohe genauso ein Fiasko zu werden wie mit den Mundschutzmasken und mit den Tests. Die deutschen Nachbarn seien da in jeder Hinsicht schon viel weiter, und das sei schließlich auch ein Föderalstaat, so Prévot.
Vorbereitungen laufen
Das wollte Vandenbroucke so aber nicht stehen lassen. Belgien sei nun mal ein kompliziertes Land mit seinen neun Ministern für Volksgesundheit. Aber man sei sehr wohl dabei, die Impfkampagne vorzubereiten. Und dazu habe man eine Taskforce geschaffen, die gemeinsam mit den Regierungen des Landes an einer einheitlichen Umsetzung und Kommunikation arbeite. Und auch wenn es nach außen nicht so aussehen möge, sei man eifrig dabei, Logistik und andere Aspekte zu regeln. Die große Herausforderung sei eben, trotz der institutionellen Komplikationen eine Zusammenarbeit und ein einheitliches Vorgehen zu realisieren, so Vandenbroucke.
Optimistischen Schätzungen zufolge könnten die ersten Impfstoffe Anfang 2021 an Belgien geliefert werden. Bis zum Frühjahr könnte es dann größere Lieferungen geben. Aber das werde immer noch nicht ausreichen, um die von der Regierung angestrebten 70 Prozent der Bevölkerung zu impfen. Dafür sei mehr Zeit nötig, so der Gesundheitsminister.
Boris Schmidt