"Seit einigen Tagen bewegen sich die Zahlen glücklicherweise in die richtige Richtung." Belgiens oberster Corona-Beauftragter Yves Van Laethem verbreitet Hoffnung. Zum ersten Mal seit Anfang September ist die Zahl der Krankenhauseinweisungen wegen des neuartigen Coronavirus an zwei Tagen in Folge zurückgegangen. Am Dienstag erreichte dieser wichtige Wert einen vorläufigen Höhepunkt von 879 Einlieferungen. Am Mittwoch und Donnerstag waren es dann deutlich weniger. "Wir können endlich sehen, dass sich der Höhepunkt dieser zweiten Welle abzeichnet", sagte Van Laethem.
Eine Entwarnung ist das noch lange nicht. Die Zahlen sind immer noch dramatisch. Belgien ist nach wie vor eines, wenn nicht sogar das am schlimmsten von der zweiten Corona-Welle getroffen Land Europas. Premierminister Alexander De Croo stellte das auch sogleich klar: "Denjenigen die jetzt sagen, die Zahlen sinken ja, sage ich, die Zahlen müssen schon über einen langen Zeitraum sinken".
Wenn man das Bild eines Marathonlaufs heranziehe, sei es so, dass wir noch erst kurz hinter der Startlinie seien und noch lange nicht im Zielbereich, so De Croo.
200 Millionen Euro für Krankenhauspersonal
Der Premier war auch nicht in erster Linie vor die Presse getreten, um die Corona-Zahlen zu kommentieren, sondern um neue Unterstützung für die belgische Wirtschaft anzukündigen. Denn wenn der Lockdown auch nicht ganz so strikt ist wie im Frühjahr, setzen die Einschränkungen den Unternehmen und Selbstständigen hart zu. Wie bereits die Vorgänger-Regierung unter Sophie Wilmès greift die Regierung De Croo tief in die Staatskasse, um die Folgen der Corona-Einschränkungen abzufedern.
Flaggschiff des Pakets ist ein 200 Millionen Euro schwerer Umschlag für den Gesundheitssektor. Genauer gesagt soll das Geld schnell und unbürokratisch als Zuschüsse an das Krankenhauspersonal fließen. Für Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke geht es darum, Pflegern, Ärzten und anderen den Respekt zu zeigen, den sie angesichts ihrer Leistung in dieser schweren Zeit verdienen.
Zu den angekündigten neuen Maßnahmen gehört auch etwa, dass Unternehmen von einer staatlichen Beteiligung von 20 Prozent an der Finanzierung des Urlaubsgeldes für vorübergehend Arbeitslose profitieren können. Selbstständige, die einen Aufschub bei der Zahlung ihrer Sozialbeiträge beantragt haben, können diese ratenweise bis Ende 2021 begleichen. Langzeitarbeitslose erhalten einen Zuschlag am Ende des Jahres. Menschen, die 2020 länger als 52 Tage arbeitslos waren, können sich für jeden zusätzlichen Tag ohne Job pauschal zehn Euro auszahlen lassen.
75 Millionen Euro sind außerdem für Bedürftige reserviert. Hier soll noch eine Task Force gebildet werden, um die Verteilung der Mittel zu organisieren.
Kurzarbeit
Darüber hinaus hat die Regierung eine ganze Reihe an Maßnahmen der ersten Corona-Welle verlängert oder erneut aktiviert. Ein prominentes Beispiel sind etwa die Regeln zur Kurzarbeit, die laut Wirtschaftsminister Pierre-Yves Dermagne für alle Betriebe gilt. Also nicht nur für solche, die wegen des Lockdowns vorübergehend ihre Aktivität einstellen müssen.
Und die Kosten? Wenn sie denn abgerufen werden, dürften die neuen und erneuerten Maßnahmen den Steuerzahler runde eine Milliarde Euro kosten, sagte Dermagne.
Peter Eßer