Viel ist in den letzten Wochen über die Wirkung bzw. die Interpretation von Zahlen diskutiert worden. Oft mit dem Vorwurf der Panikmache verbunden. Doch einige Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Über 1.600 Covid-Patienten werden im Moment stationär behandelt und davon rund 280 auf der Intensivstation.
Eine erste Alarmschwelle ist überschritten und in jedem Krankenhaus muss ein Viertel der Intensivbetten für Covid-Patienten freigehalten werden. Der Punkt ist: In einigen Hospitälern sind die längst mit Covid-Patienten belegt und deswegen greift jetzt schon ein Verteilungsplan.
Patienten werden je nach Verfügbarkeiten in andere Krankenhäuser verlegt, die vielleicht nicht ganz so betroffen sind. Das allerdings scheint nicht richtig zu funktionieren. Wie unter anderem die Zeitung De Standaard berichtet, haben sich 14 Krankenhäuser geweigert, Patienten aus anderen Regionen aufzunehmen.
"Ja, solche Fälle gibt es", bestätigte Renaud Mazy, der Leiter der Universitätsklinik Saint-Luc in Brüssel, in der RTBF. Das Problem sei, dass es da keine klaren Protokolle gebe. Jeder müsse im Grunde improvisieren, versuchen, die andere Einrichtung zu überreden. Was fehle, das seien bindende Prozeduren. Ein gutes Beispiel, das seien die Niederlande. Dort werde die landesweite Verteilung der Patienten von den Behörden organisiert.
Diese Geschichte spricht aber schon Bände, denn hier zeigt sich: In einigen Regionen des Landes beginnt sich die Situation zuzuspitzen. Das gilt insbesondere für Brüssel. Und das hat bereits Folgen. Schon jetzt müssen landesweit die Krankenhäuser nicht-dringende Eingriffe oder Behandlungen aussetzen, sagt Renaud Mazy. Aber hoffentlich, so sagt der Leiter der Brüsseler Saint-Luc-Klinik, kommen wir nicht wieder in eine Situation wie im Frühjahr.
Das Problem ist bekannt: Viele Leute hatten im Frühjahr trotz Beschwerden oder trotz eines unheimlichen Verdachts keinen Arzt konsultiert; oft, weil sie sich nicht mehr ins Krankenhaus trauten. Das hat dazu geführt, dass schwere Krankheiten nicht oder zu spät erkannt wurden.
Und noch eine schlechte Neuigkeit: Auch Krankenhausbesuche werden wohl schon bald nur noch eingeschränkt möglich sein. "Wir haben keine Wahl", sagt Renaud Mazy, das Virus zirkuliert zu stark innerhalb der Bevölkerung.
Renaud Mazy spricht aber erstmal nur für sein Krankenhaus. Am Freitag werden die Regierungen des Landes im Rahmen eines Konzertierungsausschusses wieder über die Lage beraten. Laut Medienberichten sind neue, verschärfte Maßnahmen im Gespräch. Es würde aber eigentlich schon reichen, wenn sich jeder an die Abstands- und Hygieneregeln halten würde, sagt Steven Van Gucht.
Roger Pint