Wie die Gesundheitsbehörden am Mittwoch bekanntgaben, wurden in der letzten Sieben-Tages-Periode knapp 2.500 Neuansteckungen registriert. Auch die Zahl der Krankenhausaufnahmen und die der Covid-Toten steigen. So konnte es nicht mehr weitergehen, unterstrich auch noch einmal der neue Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke.
"Die Situation in Belgien ist sehr besorgniserregend". Mit ernster Miene macht Premierminister Alexander De Croo gleich im ersten Satz klar, worauf die Pressekonferenz hinauslaufen wird. "Alle Zahlen zeigen steigende Kurven, da müssen wir gegensteuern".
"Ich weiß, dass wir es alle leid sind", sagt De Croo. Ich weiß, dass das Ganze schon viel zu lange so geht. Nur: Wenn wir jetzt nicht entschlossene Maßnahmen ergreifen bzw. wenn wir uns nicht alle an diese Regeln halten, dann gibt es nur eine Alternative: noch strengere Maßnahmen.
Dargelegt wurden die neuen Maßnahmen dann vom neuen Gesundheitsminister Franck Vandenbroucke. Das war dann doch ein Novum im Vergleich zu der Vorgängerequipe: die ehemalige Gesundheitsministerin Maggie De Block war ja zuletzt fast unsichtbar. Vandenbroucke wurde seinem Spitznamen dabei gerecht. Man nennt ihn den "Professor", und genau so kam der flämische Sozialist auch zuweilen herüber. Dafür war das Ganze dann aber auch vergleichsweise klar.
Ab jetzt gilt die Viererregel. Engere Kontakte: vier, genauer gesagt: drei Personen plus der Betreffende. Vier Personen also, die näher zusammen sein dürfen, ohne die Abstandsregeln einhalten bzw. eine Maske tragen zu müssen. Bis vor Kurzem nannte man das die Kontaktblase.
Im Café dürfen maximal vier Menschen am Tisch sitzen. Zuhause darf man höchstens vier Personen einladen, bei denen aber die Abstandsregeln eingehalten werden müssen. Im öffentlichen Raum dürfen "unorganisierte Menschenansammlungen" nicht größer sein als vier Personen. Bei der Viererregel im Café gilt eine Ausnahme: Wenn die Familie - genauer: die Menschen, die unter einem gemeinsamen Dach leben - zahlreicher sind als vier Personen, dann kann der Wirt den Tisch vergrößern.
"Denken Sie an Paris"
Aber apropos Kneipen: Die wohl sichtbarste Maßnahme ist, dass Bars und Cafés um 23:00 Uhr schließen müssen. Die Regel gilt nicht für Restaurants. Das sei aber nicht unlogisch, sagt Vandenbroucke. Erstens: In Restaurants geht es geordneter zu, man bleibt in der Regel an seinem Tisch. Und zweitens: Es gebe tatsächlich auch Zahlen, die darauf hindeuten, dass Kneipen zu den Brutstätten des Virus zählen.
Dennoch: Gerade diese Maßnahme falle ihm besonders schwer, sagte Vandenbroucke auch später in einem VRT-Interview. Er sei sich dessen bewusst, dass der Sektor das als herben Schlag empfinden müsse. Nur, und dann spricht er es doch aus: Es ist das, oder ein allgemeiner Lockdown. Das müssen wir verhindern, denn ein allgemeiner Lockdown, das wäre ein Knockout, ein KO-Schlag. "Denken Sie an Paris", sagt Vandenbroucke, "Da mussten die Kneipen ganz schließen."
Die Maßnahmen gelten für das ganze Land. Unabhängig davon, wie das Infektionsgeschehen lokal aussieht. Und auch dafür gebe es Gründe, sagte Vandenbroucke. Etwa im Zusammenhang mit der Sperrstunde für Cafés: Wenn man nur über eine Grenze fahren muss, um doch offene Cafés zu finden, dann wäre das eine sehr schlechte Idee.
Davon abgesehen, betont der Gesundheitsminister: Diese föderalen Maßnahmen bilden den allgemeinen Rahmen. Obendrauf gibt es die formale Anordnung an die Adresse aller Gouverneure, gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Lage es erfordert.
Tatsächlich hat die Region Brüssel-Hauptstadt schon am Mittwoch neue, strengere Maßnahmen erlassen. Auch hier ging es ausdrücklich darum, eine Situation zu verhindern, in der nur noch ein Lockdown bleibt. "Das ist unser aller Ziel", sagte auch schon Premierminister Alexander De Croo. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Schulen aufbleiben und dass die Unternehmen weiter drehen können."
"Wir haben es alle in der Hand", betont De Croo. "Wenn wir uns jetzt nicht an die Regeln halten, dann kann es nur strenger werden. Und das dürfte doch eigentlich niemand wollen."
Corona-Maßnahmen: Nur drei enge Kontakte außerhalb des Haushaltes
Roger Pint