"Auf der Basis aller Informationen, über die ich verfüge, wage ich zu sagen, dass Belgien im März 2021 über einen Impfstoff gegen Covid-19 verfügen wird", verkündete Xavier De Cuyper von der föderalen Arzneimittelagentur am Donnerstag in der Zeitung Het Laatste Nieuws. Das sei ein realistischer Termin.
De Cuyper ist der Belgier, der am engsten in die Verhandlungen der Europäischen Union mit den Pharmafirmen, die an einem Impfstoff forschen, involviert ist. Also jemand, der einen sehr guten Einblick haben sollte. Allerdings, und auch das betonte De Cuyper, bedeute die Existenz eines funktionierenden Impfstoffes dann nicht, dass alle Menschen gleichzeitig geimpft werden könnten.
Die zu Beginn verfügbaren Impfstoffdosen würden nach einem bevölkerungszahlabhängigen Verteilerschlüssel an die EU-Staaten gehen. Und das bedeute, dass jedes Land dann entscheiden müsse, wer zuerst geimpft werde, so De Cuyper.
Sollte bis Ende März tatsächlich ein Corona-Impfstoff verfügbar sein, dann wäre das vor allem eins: überraschend schnell. Rund ein Jahr nach dem Ausbruch der Epidemie in Europa nämlich. Nur zum Vergleich: Normalerweise geht man von mehr als sieben Jahren aus - wenn alles halbwegs glattgeht.
Sicherheitsfrage
Wenig überraschend, dass Fragen gerade in puncto Sicherheit für die Menschen laut wurden. Schließlich ist der öffentliche Druck enorm, möglichst schnell einen Impfstoff auf den Markt zu werfen. Wohl auch deswegen unterstrich die Arzneimittelagentur, dass hier keinerlei Abstriche bei den hohen Ansprüchen gemacht werden. Vielmehr soll die kurze Entwicklungszeit unter anderem auf die parallel - anstatt nacheinander - durchgeführten Untersuchungen zurückzuführen sein, wie Ann Eeckhout von der Arzneimittelagentur in der VRT erklärte.
Das Wichtigste für die Arzneimittelagentur sei, dass alle Regeln zu 100, um nicht zu sagen zu 200 Prozent eingehalten würden, wiederholte auch Xavier De Cuyper in der VRT. In einer ersten Phase soll Belgien zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Dosen bekommen. Diese seien zunächst für Risikogruppen bestimmt, so Eeckhout. Dazu gehören in Belgien aber rund vier Millionen Menschen.
Deswegen arbeite man daran, möglichst schnell auch andere Angebote zu bekommen, so De Cuyper. Schon in den nächsten Tagen bis zwei oder drei Wochen solle das der Fall sein. Das Ziel sei neben der Sicherung der Qualität eben auch die Sicherung ausreichender Mengen.
Problematisch könne es aber in der Tat werden, wenn sich bei den Tests herausstelle, dass einer oder mehrere der aktuell acht vielversprechenden Impfstoff-Kandidaten doch nicht geeignet seien. Dann werde man auf der Ebene der Minister für Volksgesundheit diskutieren müssen, ob man erst warte, bis man ausreichend Impfstoff für alle Risikofälle habe. Oder ob man innerhalb der bereits prioritären Zuordnung eine weitere Priorisierung vornehme.
Vlieghe bleibt vorsichtig
Die Virologin Erika Vlieghe dämpfte derweil in der VRT allzu übertriebene Hoffnungen. Davon auszugehen, dass man im März damit beginnen könne, in Belgien Menschen zu impfen, das fände sie sehr optimistisch. Natürlich klammere sich jeder daran, dass es möglichst schnell einen Impfstoff gebe. Aber sie mahne da trotzdem zur Vorsicht.
Wenn man jetzt so konkrete Daten wie März in den Raum stelle, wecke man sehr hohe Erwartungen, obwohl noch sehr viel Forschung nötig sei. Und da meine sie nur die Arbeit am Impfstoff selbst, über die Produktion im großen Maßstab und die Verteilung habe man dann noch gar nicht gesprochen, so Vlieghe.
Natürlich gebe es Grund zu Optimismus, dass bei so intensiver und globaler Forschung ein geeigneter Impfstoff herauskommen könne. Aber von da zu dem Punkt, an dem man tatsächlich ein Mittel in Händen halte und auch die Bevölkerung damit schützen könne, da lägen noch einige Schritte dazwischen, warnte Vlieghe.
Boris Schmidt