Richtig schade finde er das, sagte der föderale Mobilitätsminister François Bellot in der RTBF. Er meint damit vor allem die Tatsache, dass sich die Bürgermeister der Küstenorte am Ende durchgesetzt haben. Am vergangenen Dienstag hatten sie die nationale Eisenbahngesellschaft SNCB regelrecht dazu genötigt, ihr Zugangebot Richtung Küste zu reduzieren.
Nicht nur, dass weniger Züge fahren werden, man will zudem dafür sorgen, dass die Züge nur zu 80 Prozent ausgelastet sind, um zu vermeiden, dass sie sich in fahrende Sardinenbüchsen verwandeln, sagt François Bellot, was in diesen Corona-Zeiten natürlich auch nicht ginge.
Konkret bedeutet das: Wenn 80 Prozent der Sitzplätze in einem Zug besetzt seien, dann würden im nächsten Bahnhof eben keine weiteren Fahrgäste mehr zugelassen, erklärt Vincent Bayer, Sprecher der SNCB.
Ausnahmen
Dies allerdings mit Ausnahmen: Jemand, der zwingend an die Küste muss, der darf dann doch noch zusteigen. Das gilt zum Beispiel für Menschen, die einen Aufenthalt gebucht haben oder die an der Küste arbeiten bzw. wohnen. All diese Leute sind aber gut beraten, entsprechende Belege mitzuführen, um die im Zweifel vorzeigen zu können, empfiehlt Bart Crols von der SNCB.
Heißt also: Wenn der einfahrende Zug mehr oder weniger ausgelastet ist, dann müssen diese Leute aus der Masse der Wartenden herausgefiltert werden. Und die anderen, die müssen auf den nächsten Zug warten, in der Hoffnung, dass darin dann noch Platz ist.
"Na, das kann ja heiter werden", wird sich der eine oder andere sagen. Die SNCB will jedenfalls vorbereitet sein und wird an diesem Wochenende in den großen Bahnhöfen zusätzliches Sicherheitspersonal einsetzen. Auch Polizeibeamte würden zum Einsatz kommen, sagte Bart Crols in der VRT.
Klingt irgendwie so, als sei das Chaos da vorprogrammiert. Und das alles nur, weil es am vergangenen Wochenende in einigen Küstenorten zu einigen Zwischenfällen gekommen war. Vor allem die Schlägerei am Strand von Blankenberge hatte in Flandern hohe Wellen geschlagen. Die örtliche N-VA-Bürgermeisterin Daphné Dumery hatte mehr oder weniger direkt die SNCB dafür verantwortlich gemacht: Die Bahn habe immer noch mehr Tagestouristen angekarrt, während die Strände längst voll gewesen seien.
Diskriminierungen
Das kann man auch anders sehen. Er finde es ungerecht, dass man ausschließlich den Zugverkehr für die Probleme in einigen Küstenorten verantwortlich gemacht habe, sagte Mobilitätsminister François Bellot. Beispiel Ostende: 15.000 Menschen seien tatsächlich mit dem Zug dort angekommen, 80.000 bis 90.000 andere waren aber mit dem Auto angereist.
Hier würden Menschen zu Unrecht stigmatisiert. Und, gerade die Tagestouristen, die den Zug nehmen, hätten oft keine andere Wahl. Und für viele von ihnen sei das zudem manchmal der einzige Urlaub des Jahres, sagt François Bellot.
Seiner Ansicht nach habe das alles überhaupt nichts mit den Zügen zu tun gehabt. Hier handele es sich vielmehr um ein Problem der öffentlichen Ordnung und dafür seien schließlich die Bürgermeister selbst zuständig. Sein Kollege, Innenminister Pieter De Crem, hatte den Küstenbürgermeistern ziemlich unverhohlen vorgeworfen, bei der Wahrung der öffentlichen Ordnung versagt zu haben.
Man hört es jedenfalls heraus: Bellot war - und ist - nicht begeistert. Hier gebe es eine ganze Reihe von Diskriminierungen. Zum Beispiel auch eine Diskriminierung geographischer Natur: Wer in Eupen einsteigt, der kommt sicher an der Küste an. Doch was ist mit Leuten, die in Löwen und danach zusteigen?
Das Ganze sei eben ein Kompromiss, sagt Bellot. Die Bürgermeister hätten damit gedroht, ihre Bahnhöfe zu schließen. Und das wäre die denkbar schlechteste Lösung gewesen. Jetzt müsse man eben mit diesem Kompromiss leben.
Roger Pint
"Programmiert" in der Schlagzeile reicht vollends. "Vorprogrammiert" ist ein Pleonasmus!