Wie bei anderen Aspekten des Kampfs gegen das Coronavirus lief auch bei der Bereitstellung der Schutzausrüstung längst nicht alles glatt. Beileibe kein rein belgisches Phänomen, so gut wie alle Länder hatten mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Mal abgesehen davon, dass sich Belgien in Sachen Mundschutzmasken bei Ausbruch der Epidemie im Land vielleicht in einer besonders prekären Lage befand, da der strategische Maskenvorrat Jahre zuvor vernichtet und nicht ersetzt worden war.
Der Markt war wegen der weltweiten Pandemie natürlich wie leergefegt, in Belgien tummelten sich zahlreiche zwielichtige Verkäufer. Wenn die denn überhaupt die versprochenen Masken lieferten, stimmte oft die Qualität nicht, oder es fehlten entsprechende Nachweise. Kurzum: Den meisten Belgiern blieb ab März zunächst nicht viel anderes übrig, als sich persönlich auf die Jagd nach den begehrten Mundschutzmasken zu machen oder sie in Heimarbeit selbst herzustellen.
Die Föderalregierung versprach zwar, jedem Bürger des Landes kostenlos eine wiederverwendbare Schutzmaske aus Stoff zur Verfügung zu stellen, aber bis dann tatsächlich das Verteidigungsministerium den Auftrag ausgeschrieben, Produzenten gefunden und die Masken erhalten hatte, ging noch viel mehr Zeit ins Land.
Lange Wartezeit
Mitte Juni war es schließlich, bis die Menschen sie in Empfang nehmen konnten. Also gut drei Monate, nachdem die Epidemie Mitte März richtig Fahrt aufgenommen hatte. Und zwischenzeitlich hatten auch schon Städte und Gemeinden damit begonnen, ihre Bewohner mit eigenen Masken auszustatten - vielleicht einer der Gründe, warum diese "föderalen" Masken noch immer massenhaft in den Apotheken herumliegen.
Etwas weniger als die Hälfte der Masken sei abgeholt worden, sagte eine Brüsseler Apothekerin in der RTBF. Und das ist kein Einzelfall. Bis zur zweiten Juliwoche waren gerade einmal 3,5 Millionen von zwölf Millionen Mundschutzmasken unter das Volk gebracht worden. Also weniger als 30 Prozent. Bis dato sind es immerhin 5,5 Millionen geworden. Aber mehr als die Hälfte der kostenlosen Stoffmasken liegt nach wie vor in den Apotheken.
Dabei ist die Prozedur eigentlich denkbar einfach. Man geht zur Apotheke seiner Wahl, verlangt die kostenlose föderale Maske und legt seinen Personalausweis vor. Dann wird man von der im Online-System abgehakt, um Missbrauch auszuschließen - um sicherzustellen, dass jeder Haushalt nur die ihm zustehende Anzahl an Masken bekommt. Und schon ist man glücklicher Besitzer einer "föderalen" Maske. So man denn möchte.
Unwissenheit und Skepsis
Neben der langen Wartezeit auf die Masken und die zwischenzeitliche anderweitige Versorgung gibt es aber wohl auch noch andere Gründe für die mangelnde Nachfrage - Unwissenheit zum Beispiel. Offensichtlich ist die ganze Aktion an manchen Menschen nämlich schlicht und ergreifend vorbeigegangen.
Andere wiederum sind skeptisch, was die Qualität der Masken angeht. So bemängeln manche etwa das Design der Maske. Sobald es bei der Naht in der Mitte ein Loch gebe, könne das Virus überall austreten, hört man beispielsweise.
Und dann ist da noch das Problem mit der Waschbarkeit. Anfangs hatte es nämlich geheißen, die Masken seien nur bei 30 Grad von Hand waschbar. Und viele Menschen befürchten, dass diese Temperatur viel zu niedrig sei, um die Erreger abzutöten.
Qualität bestätigt
Mittlerweile hat der Hersteller der Masken, über den im Übrigen in Sachen Maskenbestellung auch schon kontrovers diskutiert worden war, seine Pflegehinweise aber aktualisiert. Seine Firma versichere den Bürgern nach Tests, dass die Masken 30 Mal bei 30 Grad und mit einem guten Waschmittel von Hand waschbar seien. Oder eben bis zu 30 Mal bei 60 Grad in der Maschine, betonte Laurent Héricord von der luxemburgischen Firma Avrox im Interview mit der RTBF.
Und auch der belgische Apothekerverband beruhigt. Man müsse den Masken nicht misstrauen, so Sprecher Lieven Zwaenepoel. Die Qualität sei getestet und bestätigt worden. Und zwar sowohl was die Schutzwirkung angehe, als auch in Hinblick auf Tragekomfort und Reinigung.
Boris Schmidt