Platz ist auch in einem kleinen Land mit großer Bevölkerungsdichte da. Das Problem ist nur, dass es die meisten Menschen in Belgien ans Meer oder in die Ardennen zieht. Und selbst wenn das in diesem Jahr nicht so wäre, hätten wir ein Problem.
Die Gesamtzahl der Übernachtungen in Belgien im Jahr 2018 betrug 41,3 Millionen. Davon haben wir Belgier etwa die Hälfte in Anspruch genommen. Wenn die Grenzen geschlossen bleiben, werden die rund 20 Millionen übrigen Plätze für Ausländer zwar frei, aber diese frei gewordenen Plätze reichen bei weitem nicht aus, um alle belgischen Urlauber aufzunehmen, die normalerweise ins Ausland reisen. 2018 buchten die Belgier 120 Millionen Übernachtungen weltweit. Tourismusexperten sehen da ein sehr großes Kapazitätsproblem.
Hinzu kommt auch ein logistisches Problem - besonders dann, wenn die sozialen Abstandsregeln noch immer gelten sollten. Die Zeitung De Standaard hat da eine witzige Berechnung gemacht, die sogar damit Rechnung trägt, wie es wäre, wenn wir mit dem nötigen Abstand auf der Strandmatte liegen würden. Sogar Ebbe und Flut wurden mit einbezogen.
Das Ergebnis vereinfacht dargestellt: Es gibt 67 Kilometer Küste in Belgien. Zieht man die Häfen von Ostende und Zeebrugge ab, dann bleiben noch etwa 60 Kilometer Strand. Theoretisch könnten sich also 360.000 Menschen gleichzeitig zusammen sonnen - immerhin etwa drei Prozent der Bevölkerung.
Aber wenn die Entfernungsregeln in Kraft bleiben, werden die öffentlichen Verkehrsmittel und touristischen Destinationen nicht in der Lage sein, diesen Zustrom zu bewältigen. Das wäre auch für Tagesausflüge in Vergnügungsparks oder historische Innenstädte der Fall, sagen Experten. Man muss dann auch mit vielen verstopften Straßen rechnen, also Dinge, die man im Urlaub lieber missen möchte.
Dass man seinen Platz am Strand reservieren muss, könnte sehr wahrscheinlich werden. Davon überzeugt ist jedenfalls Jan van der Borg, Professor für Tourismusmanagement an der KU Leuven. Er kennt sich mit Massentourismus in Orten wie Venedig und Dubrovnik aus. Nach Ansicht des Professors gibt es nur eine Lösung: Die beliebtesten inländischen Ausflugsziele müssen mit Toren und Schranken abgesperrt werden können. Und um Warteschlangen zu vermeiden, sollte nur eine begrenzte Anzahl von Personen zugelassen werden. Am besten die, die reserviert haben.
Viele Menschen hoffen natürlich, dass andere europäische Länder den Tourismus vielleicht doch wieder erlauben. Aber selbst wenn es doch möglich wäre, würden es wahrscheinlich auch viele Menschen nicht wagen, sich ohne Corona-Impfung in beengte Räume oder Transportmittel zu begeben. Professor van der Borg fragt sich auch, ob Menschen bereit sein werden, um zum Beispiel nach Spanien zu reisen, das ja stark von Corona betroffen ist. Denn da reise dann auch die Angst mit, dort in Quarantäne gesteckt zu werden.
standaard/mz