Die Regionen Brüssel und Wallonie hatten am Dienstag, unmittelbar nach der Pressekonferenz von Premierministerin Wilmès, die Empfehlung in ein tatsächliches Veranstaltungsverbot umgesetzt.
Für Antwerpens Bürgermeister und N-VA-Chef Bart De Wever war hingegen klar: Da es kein ausdrückliches Verbot gibt, werde er sich auch nicht daran halten. Mit der Lotto Arena und dem Sportpaleis zählt seine Stadt zwei große Veranstaltungsorte.
Zu groß sei der Schaden für die Veranstalter, wenn Konzerte abgesagt würden. Deshalb würde er nur dann Veranstaltungen absagen, wenn es für die Branche auch einen Entschädigungsfonds gibt, so De Wever.
Inzwischen hat die Sportpaleisgroep selbst Fakten geschaffen. In den kommenden zwei Wochen finden in der Lotto Arena und dem Sportpaleis keine Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Besuchern statt. Das gilt auch für den Brüsseler Forest National.
Dass die Föderalregierung nur empfiehlt statt befiehlt, hat auch einen Grund: Sie kann es gar nicht. Die endgültige Entscheidung liegt bei den Gemeinden und der Provinz.
Das weiß auch der Löwener Virologe Marc van Ranst. Er rechnet dann auch mit dem Verantwortungssinn jedes Einzelnen, insbesondere der Bürgermeister und Provinzgouverneure. Deshalb sei es besonders bedauerlich, dass manche Bürgermeister die Maßnahmen nicht befolgen wollen, um der Wirtschaft nicht zu schaden, sagt van Ranst, ohne Bart de Wever explizit zu nennen.
Van Ranst hofft dann auch, dass, obwohl es nur Empfehlungen sind, die lokalen Behörden sie trotzdem streng befolgen. Denn so frei, wie sie scheinen sind sie nämlich gar nicht.
Deshalb müssten wir jetzt solidarisch sein. Die Gesundheitsversorgung und die Gesundheit jedes Einzelnen sind jetzt vorrangig. Nicht dass wir in ein paar Wochen dastehen und sagen: Hätten wir nur.
Die Gefahr einer kompletten Abriegelung wie in Italien sei zwar noch nicht gegeben, sagt Van Ranst, aber ausschließen kann man es nicht. Das Coronaviruskomitee analysiere die Situation von Tag zu Tag. Man werde schauen, wie weit man mit den bisherigen Maßnahmen komme. Aber: die heutige Maßnahme kann schon morgen durch eine andere Maßnahme ersetzt werden, so der Virologe.
Van Ransts Botschaft ist deutlich: Jeder muss das Ganze von Anfang ernst nehmen. Ansonsten läuft es für jeden schief. Er wird noch deutlicher. Die Empfehlung der Regierung sollte man nicht falsch interpretieren. Empfohlen heißt in diesem Fall strengstens empfohlen.
Van Ranst appelliert an das bürgerliche Pflichtgefühl und gesunden Menschenverstand: Was wir jetzt brauchen ist dieses Tous-Ensemble-Gefühl. Wir stehen zusammen.
Volker Krings