"Corona-Koalition": Joachim Coens hatte den Begriff in der vergangenen Woche ins Spiel gebracht. Der CD&V-Vorsitzende wollte damit die Parteien auffordern, sich vor dem Hintergrund des Virus zusammenzuraufen, um dessen Auswirkungen auf Wirtschaft und Haushalt im Zaum zu halten. Im Notfall eine Notregierung also.
Der aktuell geschäftsführende Haushaltsminister David Clarinval von der liberalen MR findet den Begriff zwar nicht besonders sexy, sieht aber durchaus auch die Möglichkeit, dass das Coronavirus den stockenden Regierungsverhandlungen neuen Antrieb verleihen könnte. "Wir brauchen jetzt so schnell wie möglich eine vollwertige Föderalregierung, um die notwendigen Maßnahmen auch umsetzen zu können", sagte Clarinval am Dienstagmorgen in der RTBF.
Clarinval sieht derzeit drei große Risiken, die mit dem Coronavirus verbunden sind. Erstes Problem: der Haushalt. Die OECD prognostiziert einen Rückgang des Wirtschaftswachstums um 0,5 Prozent weltweit, und um 0,3 Prozent in Europa. "Sinkt die Wirtschaftsleistung, dann sinken auch die Steuereinnahmen des Föderalstaates, möglicherweise um mehrere hundert Millionen Euro", erklärt der Haushaltsminister.
Zweitens: Die Unternehmen, die keine Waren mehr aus China importieren können und oder Kunden verlieren, müssten unterstützt werden, so Clarinval. Beispielsweise durch Stundung von Krediten und Steuerschulden oder durch Liquiditätshilfen. Manche Unternehmen könnten auch in Kurzarbeit gehen. Und falls sich die Situation wieder normalisiert, brauchten einige vielleicht etwas Starthilfe, um wieder ins Business zu kommen. All das würde den Haushalt natürlich nochmal zusätzlich belasten.
Und drittens: die Kosten der volksgesundheitlichen Maßnahmen, die das Coronavirus verursacht. Gesundheitsministerin Maggie De Block sehe da bislang zwar noch keinen Grund zur Beunruhigung. Im Falle des Falles sei Gesundheit aber wichtiger als das Budget, betont Haushaltsminister David Clarinval. "Müssen wir Atemschutzmasken kaufen oder andere Maßnahmen treffen, dann machen wir das selbstverständlich."
Damit würde das Haushaltsloch aber nicht gerade kleiner. Und wenn es die Hürde von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes überschreitet, dann gibt es was von der EU auf die Finger.
Zur Erinnerung: Derzeit hantiert Belgien - mangels einer richtigen Regierung und eines richtigen Haushalts - immer noch mit sogenannten provisorischen Zwölfteln. Im Monat darf nicht mehr ausgegeben werden als ein Zwölftel des letzten Jahreshaushalts. Das schränkt den finanziellen Spielraum ein.
Haushaltsminister Clarinval appelliert dann auch an die Vernunft aller politischen Parteien: Sie sollen jetzt keine kostspieligen Initiativen ergreifen. "Ich habe nämlich keine Lust, unüberlegt Hunderte Millionen Euro auszugeben, und der Regierung dann die Aufgabe zu überlassen, die Mittel dafür aufzutreiben."
Volker Krings