Seit ein paar Tagen ist die große Interkommunale in Lüttich Publifin, die mittlerweile offiziell Enodia heißt, wieder in den Schlagzeilen. Wieder spielt dabei die Tochtergesellschaft von Enodia, Nethys, eine Rolle. Und wieder einmal scheint es um einen Skandal zu gehen.
Zur Erinnerung: Vor knapp drei Jahren wurde Publifin schon einmal von einem großen Skandal erschüttert. Der Ausgangspunkt waren damals zu Unrecht ausgezahlte Sitzungsgelder an Politiker. Im Verlauf der Monate wurde dann immer mehr über das fast undurchsichtige Geflecht von Interessen und wirtschaftlichen Verwicklungen bekannt, die bei Publifin existierten. Vor allem bei der Tochtergesellschaft Nethys.
Nethys war dafür da, Geld zu verdienen durch die Beteiligung an Wirtschaftsunternehmen. Chef von Nethys war und ist immer noch Stéphane Moreau, ein sehr umstrittener Mann. Bis zum Publifin-Skandal war der heute 55-Jährige Mitglied bei der PS.
Auf der einen Seite soll er Nethys hervorragend geleitet haben, gleichzeitig wird ihm auch vorgeworfen, eigenen Profit aus der Interkommunalen für sich und andere Beteiligte zu ziehen.
Aufgrund des Skandals 2016/2017 bekam Nethys die Auflage, die Mehrheitsbeteiligung an allen Unternehmen abzutreten, die Nethys gehören. Das sind oder waren Zeitungen, Energie- und Informatikunternehmen oder auch Telekommunikationsanbieter. Also alles Unternehmen, die sich auf dem Markt des freien Wettbewerbs behaupten müssen.
Diese Unternehmen muss Nethys als Auflage der Politik abstoßen bzw. privatisieren. Eine Minderheitsbeteiligung darf Nethys behalten. Aber eben keine Mehrheit mehr.
Dieser Prozess läuft gerade: Da wurden zum Beispiel schon zwei Zeitungen in Südfrankreich, Nice Matin und La Provence, verkauft. Und auch das Kabelunternehmen Voo.
Doch das Problem bei Voo ist, dass der Verkauf quasi geheim gemacht wurde. Der Verwaltungsrat von Nethys hat die Muttergesellschaft, also den Verwaltungsrat von Enodia, nicht über die Verkaufspläne informiert.
Rein rechtlich sieht es so aus, dass Nethys erst ab 25. Mai dazu verpflichtet gewesen wäre, den Verwaltungsrat von Enodia über die Verkaufsabsichten zu informieren. Also verpflichtet war Nethys tatsächlich wohl nicht, etwas über den Verkauf zu kommunizieren.
Allerdings hatte der Verwaltungsrat von Enodia darum gebeten, regelmäßig jeden Monat über Fortschritte beim Verkauf von Unternehmen durch Nethys informiert zu werden. Bei Voo ist das eben nicht passiert.
Hinzukommt noch ein pikantes Detail: Der Zuschlag an die Amerikaner von Providence wurde erst wenige Tage vor dem 25. Mai gegeben. Also knapp vor der Deadline, ab der Nethys verpflichtet gewesen wäre, über den Verkauf zu informieren.
Neben Voo geht es noch um die Unternehem Win und Elicio. Auch die gehören beide zu Nethys und werden bald der neu gegründeten Gesellschaft Ardentia gehören.
Ardentia ist von einem Lütticher Unternehmer und Mitglied des Verwaltungsrats von Nethys gegründet worden, von François Fornieri. Und Geschäftsführer von Ardentia ist kein anderer Stéphane moreau.
Und zumindest der Verkauf von Win wurde nicht an Enodia gemeldet. Auch Win wurde noch um den 20. Mai herum verkauft, also auch knapp vor dem Datum, ab dem die Meldepflicht an gültig geworden wäre.
Interessant ist auch, dass Ardentia, also die extra neu gegründete Firma von François Fornieri, damals noch gar nicht offiziell gegründet war. Die Firma hat also schon eine andere Firma gekauft, bevor sie überhaupt existierte.
Mit Le Soir gab es nun einen dreistündigen Austausch. Fazit: Der Verwaltungsrat von Nethys verteidigt sich und sagt, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
Doch nachdem es schon einen so großen Skandal bei Publifin und Nethys gegeben hat, hätte man doch besser vermeiden sollen, solche Verdachtsmomente, überhaupt wieder aufkommen zu lassen.
Die Meldung, dass Stéphane Moreau Nethys verlässt, macht seit Dienstag die Runde. Der Vorsitzende des Verwaltungsrats bei Nethys, Pierre Meyers, erklärt das so: Sobald die Privatisierung der Unternehmen, die zu Nethys gehören, abgeschlossen ist, ist auch Moreaus Auftrag bei Nethys erfüllt.
Kay Wagner
Was lernen wir daraus? Lüttich und die Wallonie sind nach wie vor schwerkrank: sie leiden immer noch an dem weit verbreiteten PS-Filz!