Schon am Donnerstag tobte in den sozialen Medien ein Streit über die Abfindungssumme für Koen Van Gerven. Flämische Medien hatten darüber berichtet. Die PTB reagierte empört. Vertreter rechter flämischer Parteien - von OpenVLD über N-VA bis hin zum Vlaams Belang - stellten sich auf die Seite von Van Gerven.
Grund genug für die Redaktion der VRT-Sendung "Terzake" da mal nachzuhaken. Am Donnerstagabend hatte sie PTB-Sprecher Raoul Hedebouw in die Sendung geladen. Und dazu noch - quasi als Gegenpol - den aktuellen Unternehmens-Boss des Schokoladenherstellers Neuhaus.
Schnell kam man zur Sache. Hedebouw durfte vorrechnen: "Man muss wissen", sagte er, "dass Herr Van Gerven im Jahr 600.000 Euro verdient. Dazu kommen noch 300.000 Euro Bonus. Er ist also ziemlich gut bezahlt. Und jetzt bekommt er nochmal 500.000 Euro – wofür? Das muss man den Menschen mal klar und deutlich sagen: Um nicht zu arbeiten."
Und Hedebouw fügte hinzu: "Seit Jahren beklagen sich die Unternehmenschefs, dass die Lohnlasten das Problem seien. Dass das Problem die Arbeitnehmer sind. Das sehen sie Probleme. Aber wenn es um den eigenen Lohn geht: Kein Problem, 500.000 Euro in die Tasche. Das kann ich als linker Politiker nicht akzeptieren."
Und zum Abschluss unterstrich Hedebouw seine Forderung noch mit der Leistung von Van Gerven. Bei der schlechten Bilanz, die Van Gerven vorzuweisen habe, müsse man sich doch fragen, welcher Konkurrenz-Betrieb Van Gerven denn überhaupt einstellen wolle? Und auch aus Kundensicht sei die Bilanz des scheidenden Chefs durchaus bedenklich. "Sechs von zehn Kunden sind unzufrieden mit der Leistung der Post", sagte Hedebouw. "Und dafür bekommt er 500.000 Euro Prämie!"
Beim letzten Punkt bekam Hedebouw überraschend Zustimmung von seinem Gegenüber, von Neuhaus-Chef Ignace Van Doorselaere. Der verglich die Arbeit eines Unternehmens-Bosses, eines CEO, mit den Erfolgen einer Fußballmannschaft. Wenn man gewinnt, dann soll man dafür auch belohnt werden. Aber, so sagte Van Doorselaere: "Ich habe ein großes Problem damit, wenn ein CEO, egal welcher, Geld bekommt, wenn das Spiel nicht gewonnen wird. Ich bin gegen Abfindungs-Zahlungen. Ich habe selbst keine in meinem Vertrag stehen. Ich will auch keine. Ich finde, dass sollte so bald wie möglich abgeschafft werden."
Ob es wirklich zutreffe, dass der Bpost-Chef das Spiel nicht gewonnen und dadurch auch sein Recht auf die 500.000 Euro verloren habe, zu so einer Äußerung wollte sich der Neuhaus-Chef nicht hinreißen lassen. Er wolle nicht über etwas urteilen, das er nicht im Detail kenne, so Van Doorselaere. Und zur Verteidigung seines CEO-Kollegen sagte er: "Wenn es so im Vertrag steht, dann hat Koen Van Gerven ein Recht auf das Geld. Ich bin zwar der Meinung, dass man so etwas nicht in den Vertrag hätte schreiben sollen. Aber wenn es drinsteht, darf man ihm das auch nicht nehmen."
Das sieht Hedebouw anders. Er vertrat die Meinung: Das Geld müsse nicht ausgezahlt werden. Das könnte man politisch entscheiden. Er werde den aktuellen Post-Minister, den OpenVLD-Politiker Philippe De Backer darauf ansprechen. "Und ich werde ihm auch über das Ergebnis dieses Abends berichten", fügte Hedebouw hinzu. "Dass nämlich auch CEO's finden, dass 500.000 Euro als Abfindungssumme eigentlich doch nicht sein können. Und dann schlage ich vor, dass wir als PTB mit einigen Wirtschaftsbossen eine gemeinsame Front bilden, um den Minister aufzufordern, dazu Stellung zu beziehen."
Wahrscheinlich ist es utopisch, dass daraus etwas wird. Unternehmensbosse und PTB zusammen, das passt eigentlich gar nicht. Der Abend hatte immerhin dazu geführt, dass diese Idee im Raum stand. Und zwar weiter illusorisch klingt. Aber doch auf etwas fußt, was an dem Abend gesagt wurde. Bpost sei Dank.
Kay Wagner