Besonders bei der VRT, dem flämischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, macht man sich Sorgen. Der Verwaltungsrat der VRT setzt sich aus zwölf Mitgliedern zusammen. Für die Ernennung dieser Mitglieder sind die politischen Parteien zuständig. Abhängig von ihrer Stärke stehen ihnen unterschiedlich viele Posten zu.
Nach den jüngsten Wahlen sieht es jetzt so aus, dass die Hälfte der Verwaltungsratsmitglieder in Kürze von flämischen nationalistischen Parteien besetzt sein werden: vier von Kandidaten der N-VA, zwei von Kandidaten des Vlaams Belang.
Für Paul Deltour, Vorsitzender des flämischen Journalistenverbandes VVJ, ist das beunruhigend, "denn der Vlaams Belang hat eigentlich immer gefordert die VRT abzuschaffen", begründet er seine Sorge. "In seinem Wahlprogramm fordert der Belang die Privatisierung der VRT." Außerdem habe sich der Vlaams Belang immer sehr kritisch über den Journalismus im Allgemeinen geäußert, der bei der VRT gemacht wird. "Und das beunruhigt uns auch", sagt Deltour.
Bei den frankophonen Kollegen der RTBF hält sich die Angst vor dem möglichen Einfluss der PTB auf den Inhalt des Senders dagegen in Grenzen. Die Voraussetzungen liegen hier sicher auch anders: Von einer Privatisierung der RTBF ist im PTB-Programm nicht die Rede. Auch Forderungen nach einer Kurswende der kulturellen Berichterstattung bei der RTBF sind von den Marxisten - anders als von Vlaams Belang Politikern - nicht zu hören.
Aber auch ganz grundsätzlich sieht der Präsident des RTBF-Verwaltungsrats, Jean-François Raskin, die Chance als minimal an, über den Verwaltungsrat überhaupt Einfluss auf die Programmgestaltung nehmen zu können. "Zumindest bei der RTBF steht es außer Frage, dass irgendein Mitglied des Verwaltungsrats in die inhaltliche Arbeit der Journalisten eingreift, in ihre Unabhängigkeit oder in ihre redaktionelle Autonomie", sagt er.
Auf frankophoner Seite hat man sich übrigens bei öffentlichen Kultureinrichtungen gegen den Einfluss von rechtsextremen Kräften per Gesetz geschützt. In einem Dekret von 2004 sieht die Französische Gemeinschaft vor, dass alle Parteien mit gewählten Vertretern ab einer bestimmten Größe Mitglieder in Verwaltungsräten von Kultureinrichtungen stellen sollen. Ausdrücklich ausgeschlossen von diesem Prinzip sind allerdings Parteien, die gegen demokratische Prinzipien verstoßen sowie Menschenrechte und persönliche Freiheiten einschränken wollen.
An dieses Dekret erinnert Serge Rangoni, Direktor des Lütticher Theaters. "Als vor einigen Jahren der Vlaams Blok sehr stark war, hat es Entscheidungen gegeben, die dazu geführt haben, dass die Statuten unseres Verwaltungsrats geändert wurden", sagt er. "Seitdem ist dort vorgesehen, dass rassistische und fremdenfeindliche Parteien keinen Platz bei uns bekommen dürfen."
Solche Entscheidungen sind in Flandern nicht getroffen worden, weshalb es dort jetzt das Problem mit dem Vlaams Belang gibt. Wobei auch in Flandern nicht alle die Gefahr durch die Rechtsextremen so groß sehen, wie Teile der Belegschaft der VRT.
Michael De Cock, Leiter des Königlichen Flämischen Schauspielhauses, sagt zum Beispiel gegenüber der RTBF: "Zweifelsohne haben wir und der Vlaams Belang eine andere Vorstellung von dem, was wir unter Kultur verstehen. Aber bislang ist der Vlaams Belang auch noch in keiner Regierung. Nur einer von fünf Flamen hat für den Vlaams Belang gestimmt. Wir sollten das Problem jetzt nicht künstlich aufblähen."
De Cock ruft also zur Gelassenheit auf. Und auch die Zeitung De Morgen, ein eher links orientiertes Blatt, weist darauf hin, dass die Gefahr des Vlaams Belang nicht überschätzt werden sollte. Die Partei sei trotz der Stimmengewinne immer noch zu klein, um Verwaltungsräte von Kultureinrichtungen dominieren zu können. Der Einfluss der Rechtsextremen werde über ein paar kritische Fragen zu Kulturangelegenheiten sicher nicht hinausgehen.
Kay Wagner