Die Zahlen zeigen, dass 16 von 90 europäischen Regionen, die mit Flandern vergleichbar sind, eine noch geringere Arbeitslosigkeit aufweisen. In Flandern sind es dennoch nur 3,4 Prozent.
Eurostat veröffentlichte auch Arbeitslosenquoten auf Provinzebene. Die zeigen, dass Westflandern mit 2,6 Prozent die niedrigste Arbeitslosenquote in allen Benelux-Ländern aufweist.
Die Arbeitslosigkeit in der Wallonie beträgt 8,5 Prozent und in Brüssel 13,2 Prozent. Der frankophone Landesteil entspricht damit in etwa dem Loire-Tal oder der Auvergne. Die Hauptstadtregion Brüssel steht gar nicht gut da. Auf dem europäischen Kontinent gibt es nur acht Regionen mit einer höheren Arbeitslosigkeit, und die liegen alle in Spanien, Italien und Griechenland.
Die niedrigste Arbeitslosenquote in Europa ist in der tschechischen Hauptstadt Prag zu finden, wo nur 1,3 Prozent der Bevölkerung Arbeit suchen. Die Top-10-Regionen mit den besten Ergebnissen bestehen hauptsächlich aus tschechischen und deutschen Regionen sowie einer britischen Grafschaft und einer ungarischen Provinz.
Die Zahlen zeigen überhaupt einen klare Teilung innerhalb Europas. Im Norden, also über Brüssel, ist mit wenigen Ausnahmen die Arbeitslosenquote unter 5,2 Prozent gefallen. Im Süden liegen die Zahlen über diesem Wert. Diese Arbeitslosengrenze verläuft wirklich quer durch Belgien: Flandern passt zu den Niederlanden, Deutschland, Großbritannien und Dänemark, während die Wallonie mit Frankreich, Italien und Spanien vergleichbar ist.
Die Kluft innerhalb Belgiens ist also nach wie vor groß. Der wallonische Marshall-Plan aus dem Jahr 2005, der zur Belebung der Wirtschaft in der Wallonischen Region beitragen sollte, hat zwar auch Fortschritte erzielt: Die Arbeitslosigkeit ist zurückgegangen und die Beschäftigungsquote ist gestiegen. Nur halt nicht so stark wie in Flandern.
In Flandern läuft der Wirtschaftsmotor also nach wie vor besser, als im frankophonen Landesteil. Woran liegt es? Jean-Yves Huwart, ehemaliger Journalist und Unternehmer, hat kürzlich ein Buch darüber geschrieben. Frei übersetzt lautete der Titel: "Warum kommt die Wallonie nicht auf die Beine?". Seine Antwort: Im Gegensatz zu Flandern hat die Wallonie keine globale Vision für die gesamte Region.
Beispiel Bildung: Jetzt, da das Niveau in Flandern zu sinken scheint, steht die Politik im Norden des Landes Kopf. In der Wallonie habe es Jahre gedauert, bis das Problem erkannt worden sei. Und wenn Subsidien verteilt werden, dann werden sie ziellos nach dem Gieskannenprinzip verteilt. Jeder Stadt soll irgendwie etwas bekommen.
Ein anderer Kritikpunkt: Der Wallonie fehle auch eine Gegenkraft, die die Politik strenger bewertet. Die Welt der Unternehmer bleibe stumm. Zudem würden sich die französischsprachigen Medien kaum für die Wirtschaft interessieren. Und aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse und Offenheit schauen die Menschen nicht genug, wie im Ausland gehandelt wird, so Huwart.
In Flandern wurden letztes Jahr jedenfalls fast 15.000 neue Unternehmen gegründet. Eine Steigerung von 11,6 Prozent. In der Wallonie ist die Zahl der Start-ups derweil um 0,2 Prozent gesunken. Das veranlasste die französischsprachige Wirtschaftszeitung L'Echo letzte Woche zu einem Leitartikel mit dem Titel "Entrepreneur wallon, où es-tu?" (zu deutsch: Wallonischer Unternehmer, wo bist du?).
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