Seit zehn Tagen ist in der Welt von Dimitri Fourny nichts mehr, wie es vorher war. Genau gesagt: Seit bekannt wurde, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eröffnet worden ist...
Alles nimmt seinen Anfang bei der letzten Kommunalwahl am 14. Oktober. Eine Frau wird in Neufchâteau im Wahlbüro vorstellig. Sie hat eine Vollmacht, will für ihren Vater wählen, der in einem Alten- und Pflegeheim lebt. Zu ihrer großen Überraschung bekommt sie gesagt, dass ihr Vater doch schon seine Stimme abgegeben habe. Schon am Wahlabend selbst hatte diese Info für hochgezogene Augenbrauen gesorgt.
Die zuständige Staatsanwaltschaft Namur nahm jedenfalls Ermittlungen auf. Und diese Ermittlungen sind inzwischen offensichtlich schon ein Stück weitergekommen. Die Ermittler sind auf bislang 18 Wahlvollmachten gestoßen, die offensichtlich gefälscht waren. Auf dieser Grundlage wurde dann ein offizielles Ermittlungsverfahren eingeleitet gegen 21 Personen, darunter Dimitri Fourny. Denn: Nach Erkenntnissen der Ermittler war es die Liste um den CDH-Spitzenpolitiker, die in den Genuss dieser manipulierten Stimmen gekommen ist.
Ende der parlamentarischen Laufbahn
Fourny selbst hat die Vorwürfe immer bestritten. Am Wochenende, nachdem das Ermittlungsverfahren gegen ihn öffentlich geworden war, stellte er sich sichtbar zerknirscht vor die Presse. Er wolle sich jetzt ausschließlich auf diese Sache konzentrieren, sich alle Zeit und alle Möglichkeiten geben, sich zu verteidigen und seine Ehre reinzuwaschen.
In der Praxis hat Fourny beschlossen, seine parlamentarische Laufbahn zu beenden. Er, der in den letzten Jahren ein Zugpferd für seine Partei, die CDH, gewesen war, er, der sogar Fraktionschef der CDH im wallonischen Parlament war, wird bei der nächsten Wahl nicht kandidieren. Und dann fügte er noch eine persönliche Bemerkung hinzu: Er habe in den letzten Tagen seine Familie und seine Freunde um sich geschart. Sie alle seien naturgemäß ziemlich mitgenommen von der ganzen Sache.
Familie im Visier der Justiz
Inzwischen ist es aber offensichtlich so, dass nicht mehr alle aus dem Umfeld von Dimitri Fourny bloße Beobachter sind, die nur von der Seitenlinie aus verdattert auf die Ereignisse blicken. Wie die RTBF berichtet, sind die Ehefrau und auch die Tochter von Dimitri Fourny inzwischen selbst im Visier der Justiz. Demnach werden sie beschuldigt, selbst mittels einer dieser gefälschten Vollmachten eine Stimme abgegeben zu haben. Gegen die beiden wird jedenfalls auch offiziell ermittelt.
Ehefrau und Tochter Fourny sollen laut RTBF den Ermittlern gegenüber auch einen Verdacht bestätigt haben, der seit einigen Tagen im Raum steht. Dimitri Fourny hatte der Justiz vor einigen Wochen einen Brief zukommen lassen, in dem er erklärte, dass er einen Verhörtermin urlaubsbedingt nicht wahrnehmen könne. Den Brief hatte er handschriftlich adressiert.
Diese Schriftprobe hat die Ermittler stutzig gemacht. Denn, anscheinend wies sie doch ziemliche Ähnlichkeiten auf mit der Schrift, die sich auf den gefälschten Wahlvollmachten befindet. Ein eigens hinzugezogener Graphologe habe diesen Verdacht auch schon erhärtet. Ehefrau und Tochter Fourny sollen jetzt aber formal bestätigt haben, dass die Handschrift auf den fraglichen Vollmachten tatsächlich die ihres Ehemanns, beziehungsweise Vaters ist.
Öffentliche Anhörung
Glaubt man diesen Berichten, dann hätte Dimitri Fourny also eine durchaus aktivere Rolle in der Affäre gespielt, als man das zu Anfang hätte annehmen können. Laut RTBF wird inzwischen gegen ihn auch als "mutmaßlichen Chef einer kriminellen Vereinigung" ermittelt. Für Dimitri Fourny scheint die Luft also immer dünner zu werden. Er selbst oder seine Anwälte wollten sich nicht zu den neuen Informationen äußern.
Am Donnerstag droht die ganze Affäre aber erst recht nochmal öffentlich zu werden. Der Gouverneur der Provinz Luxemburg will eine öffentliche Anhörung in dieser Akte vornehmen. Die Kommunalwahl in Neufchâteau wurde ja nach wie vor nicht offiziell für gültig erklärt - und das liegt in der Zuständigkeit der Provinz. Die Rechtsbeistände von Fourny haben aber geltend gemacht, dass sich ihr Mandant nicht äußern könne, solange die gerichtlichen Ermittlungen gegen ihn nicht abgeschlossen seien.
Roger Pint