Zuerst Dimitri Fourny, jetzt Joëlle Milquet: Innerhalb kürzester Zeit hat die CDH zwei ihrer Galionsfiguren für die anstehenden Wahlen verloren. Fourny trat am vergangenen Sonntag als CDH-Kandidat für die Regionalwahlen zurück. In seiner Heimatgemeinde Neufchâteau wird er beschuldigt, in Wahlmanipulationen bei der Gemeinderatswahl im vergangenen Oktober verstrickt zu sein.
Am Donnerstag nun Milquet. Offizielle Begründung der Partei: Milquet habe von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ein Angebot erhalten, ihre Arbeit als Expertin für die Rechte von Anschlagsopfern weiterzuführen. Mit diesem Thema hatte sich Milquet schon die vergangenen Jahre beschäftigt und einen viel beachteten Abschlussbericht bei der EU vorgelegt.
"Ich habe Verständnis dafür, wenn die überzeugte Europäerin Joëlle Milquet diese Chance ergreifen will. Und es wäre sehr egoistisch von mir gewesen, sie davon abzuhalten", kommentierte das CDH-Parteipräsident Maxime Prévot am Freitagvormittag bei der RTBF.
In Brüsseler Politkreisen machte allerdings am Donnerstag eine ganz andere Begründung die Runde. Nämlich, dass es bald schon neue Enthüllungen der Staatsanwaltschaft in den Ermittlungen gegen Milquet geben könnte. Seit 2014 ermittelt die Staatsanwaltschaft ja gegen Milquet wegen angeblicher Scheinbeschäftigungen in ihrem Kabinett. Diese Neuigkeiten könnten Miquet und damit auch der CDH während der Wahlkampagne schaden.
Ob er diese Informationen bestätigen könne, wollte der RTBF-Journalist wissen. "Nein", antwortete Prévot. "Ich habe keinerlei Hinweise, die darauf schließen lassen könnten, dass es irgendetwas Neues in ihrem Fall gibt."
Bei Fourny sind die Ermittlungen offensichtlich. Prévot gibt sich jedoch zuversichtlich: "Lassen wir die Justiz ihre Arbeit machen", sagte er. "Wir sollten nicht vorschnell jemanden verurteilen. Es gibt keinen Grund für unsere Partei, Dimitri das Vertrauen zu entziehen."
Neben den beiden personellen Tiefschlägen - denn allein die Namen von Fourny und Milquet auf den Wahllisten hätten für die CDH tausende von Wählerstimmen bedeutet - musste die Partei auch bei wichtigen Gesetzen in den vergangenen Tagen empfindliche Niederlagen einstecken. Allein der gestrige Tag bedeutete das Aus für drei Gesetze, die von der CDH mit auf den Weg bzw. deutlich unterstützt wurden.
Auf regionaler Ebene wurde aufgrund der verlorenen Mehrheit der Regierung aus MR und CDH die Gesetze zu den Arbeitsförderungshilfen und der Gesundheitsreform auf die nächste Legislaturperiode verschoben. Auf föderaler Ebene scheiterte am Donnerstag in der Kammer die Änderung des Grundgesetzes, um dadurch ein Klimasondergesetz zu ermöglichen.
Das alles sei zu bedauern, sagte Prévot. Fügte aber auch hinzu: "Ich bin ein Mensch, der gerne Herausforderungen annimmt. Und ich denke, dass wir zurzeit Begeisterung verbreiten können. Auch wenn wir es natürlich nicht von der Hand weisen können, dass wir gerade ein paar Turbulenzen hinter uns gebracht haben."
Angesprochen auf seine einwöchige Abwesenheit vergangene Woche in Lappland, wo er privat auf einem Trail unterwegs war, sagte Prévot: "Ich habe nicht wirklich ganz von diesem 100-Kilometer-Trail profitieren können, so, wie ich es mir seit Monaten vorgestellt hatte. Und natürlich hatte ich dafür gesorgt, dass meine Abwesenheit kein Problem darstellen sollte. Ich bin ja nicht verantwortungslos."
Dass all die Ereignisse eingetreten seien, die eingetreten sind, sei eben nicht absehbar gewesen. Sein Trip nach Finnland wertet Prévot jetzt als Anekdote am Rande. Mehr aber auch nicht.
Kay Wagner