Bei der Abstimmung am Dienstag gab es keine Überraschung: Neun Stimmen dafür, acht dagegen - damit hatte der Ausschuss die Änderung der Verfassung angenommen. Und das genau so, wie Beobachter das zuvor erwartet hatten.
Die neun Stimmen dafür kamen von PS, SP.A, MR, CDH sowie Ecolo und Groen. Dagegen hatten die Ausschussmitglieder der N-VA, CD&V und OpenVLD gestimmt. Die Fronten hatten sich in den letzten Minuten vor der Abstimmung also nicht mehr geändert.
Lediglich viel diskutiert wurde noch. Gut zweieinhalb Stunden tauschten sich die Abgeordneten noch einmal alle Argumente für und gegen die Grundgesetzänderung oder auch die Verabschiedung des Klimagesetzes aus. Keine Seite konnte die andere überzeugen. Das wäre auch ein Wunder gewesen.
Doch gerade die Grünen-Politiker wollen sich nicht verbieten, an Wunder zu glauben. Sie hoffen, bis zum Donnerstag zumindest die OpenVLD, aber vielleicht auch die CD&V noch zur Zustimmung zur Grundgesetzänderung bewegen zu können.
"Innerhalb von 24 Stunden haben wir gestern gesehen, dass die MR ihre Meinung ändern kann. Deshalb gebe ich die Hoffnung noch nicht auf, dass wir bis Donnerstag – und wenn ich wir sage, meine ich damit natürlich auch die Bürger, die sich in dieser Sache engagieren – die OpenVLD noch überzeugen können, ihre Position zu ändern", sagt Ecolo Co-Präsident Jean-Marc Nollet in der RTBF.
Die Groen-Parteivorsitzenden Meyram Alamci hegt die gleiche Hoffnung. Sie drückte es nach der Abstimmung im Gespräch mit der VRT wie folgt aus: "Die erste Hürde ist jetzt genommen. Und jetzt bleiben 48 Stunden Zeit, um die OpenVLD und die CD&V dazu zu bringen, auf das zu hören, was ihre Anhänger eigentlich wollen."
Denn wenn diese beiden Parteien auf ihre Mitglieder schauen würden, würden sie erkennen, dass viele Mitglieder bei der christlichen Gewerkschaft ACV, bei der Jugendvereinigung der CD&V und viele Unternehmer – die typische Klientel der OpenVLD – auch für eine ambitionierte Klimapolitik seien.
Außerdem würde eine Zustimmung zur Grundgesetzänderung und dann auch dem Klimagesetz die Glaubwürdigkeit der Parteien stärken.
"Für mich wäre wichtig, dass die Parteien weiter zu dem stehen, was sie selbst gesagt haben. Wenn man sagt, dass Ehrgeiz beim Thema Klima nötig ist, wenn man die Resolution vom Januar im Parlament mitträgt, die besagt, dass unser Land Vorreiter in Europa werden soll, dann kann ich doch nicht anders, als nach A dann auch B zu sagen", sagt Almaci.
Dabei sind OpenVLD und CD&V gar nicht gegen eine ambitionierte Klimapolitik. Sie wollen das nur auf anderem Wege erreichen, nämlich durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Föderalstaat und Teilstaaten. Für eine besser Klimapolitik, sagen sie, brauche man das Grundgesetz nicht ändern.
Almaci sieht das anders: "Niemand ist gegen Zusammenarbeit", sagt sie. "Aber ich will nicht, dass wir das wiederholen, was wir in den vergangenen 20 Jahren getan haben. Da haben wir kein einziges Klimaziel erreicht."
"Im Grunde", so Almaci weiter, "sind nur fünf Minuten Politik nötig, um die kleine Änderung in das Grundgesetz zu schreiben, damit die Zielsetzung klar ist. Und dann sollten wir zusammenarbeiten, um konkrete Maßnahmen in Angriff zu nehmen. Das eine schließt das andere nicht aus."
Die Grünen hoffen also weiter. Am Donnerstag wird sich zeigen, was aus den Hoffnungen wird. Da müsste dann eine Zweidrittelmehrheit im Plenum der Kammer die Grundgesetzänderung zunächst ebenfalls befürworten.
Schon an diesem Schritt droht alles zu scheitern.
Wenn nämlich OpenVLD und CD&V bei ihrer Ablehnung bleiben. Das Klimagesetz wäre in diesem Fall für diese Legislatur gestorben.
Klimaaktivisten halten Druck hoch vor erster entscheidender Abstimmung
Kay Wagner