Sie ist wieder da: die große Dame der CDH. Fünf Tage nach ihrem 58. Geburtstag steigt Joëlle Milquet wieder in den politischen Ring. Eine Rückkehr in die aktive Politik hatte sie schon ein paar Monate nach ihrem Rücktritt angekündigt. Doch lange folgten darauf keine Taten.
Viele sahen sie zwischendurch schon mal auf dem Weg in die EU-Politik. Doch jetzt will es "Madame Non", wie Milquet mit Spitznamen gerne genannt wird, nochmal in der nationalen Politik wissen.
"Die Partei hat gesagt: Wir brauchen dich. Und wie immer, wenn man mich um einen Dienst bittet, sage ich Ja – ganz anders, als mein Spitzname es vermuten lässt", sagte Milquet auf der Pressekonferenz am Freitag.
Damit ist dem neuen Parteipräsidenten der CDH, Maxime Prévot, sicher ein Coup geglückt. Mit Milquet als Zugpferd steigen die Chancen erheblich, dass die CDH bei den Föderalwahlen in Brüssel doch nicht komplett untergeht. Denn Milquet ist äußerst beliebt – was Prévot nur zu gut weiß. "Es war wahrscheinlich ein Fehler, in der Vergangenheit auf diese Kraft zu verzichten", kommentierte Prévot Milquets Listenplatz. Denn Milquet sei eben äußerst beliebt und werde es in Zukunft ermöglichen, im Dienst von Brüssel Politik zu gestalten.
Hinter Milquet wird auf Platz zwei der Brüsseler CDH-Liste für die Föderalwahlen übrigens ein weiterer Sympathieträger kandidieren: der Vater der Fußballnationalspielers Vincent Kompany. Der 71-jährige Pierre Kompany war bei den Gemeinderatswahlen zum Bürgermeister der Brüsseler Stadtgemeinde Ganshoren gewählt worden.
Mit dem Duo Milquet-Kompany könnte es für die CDH vielleicht sogar dazu reichen, die zwei Sitze in der Kammer, die bei den Föderalwahlen 2014 in Brüssel errungen worden waren, zu verteidigen.
Dabei wird Parteipräsident Prévot auch wissen, dass die Rückkehr von Milquet nicht ganz unproblematisch ist. Zum einen ist Milquet ein Schwergewicht in der Partei. Zwölf Jahre lang bis 2011 war sie selbst Parteipräsidentin, zweimal Föderalministerin und bis 2016 dann Bildungsministerin der Französischen Gemeinschaft.
Zum anderen laufen die juristischen Ermittlungen gegen Milquet weiter. 2014 hatte die Brüsseler Staatsanwaltschaft diese Ermittlungen gestartet. Milquet soll Mitarbeiter ihres Kabinetts unrechtmäßig für Wahlkampfzwecke eingesetzt haben. Wegen dieser Ermittlungen trat Milquet dann im April 2016 zurück. Doch schon damals beteuerte sie ihre Unschuld.
Ein Standpunkt, den sie auch heute noch vertritt. "Ich bin nicht der Auslöser einer Affäre, ich bin Opfer einer gerichtlichen Untersuchung, die sich mittlerweile fünf Jahre hinzieht", sagte sie am Freitag. "Ich habe niemals gegen irgendetwas verstoßen. Es gibt eine Qualität, die man mir nicht absprechen kann. Nämlich Aufrichtigkeit und Integrität."
Parteipräsident Prévot sieht das genauso. "Es gibt keinen Grund für mich, an der Integrität und Aufrichtigkeit von Joëlle Milquet zu zweifeln." Die Staatsanwaltschaft sieht das bekanntlich anders. Sie müsste jetzt aber bald schon handfeste Beweisen vorlegen, um ihre Verdachtsmomente zu erhärten. Nur das könnte den Start der Joëlle Milquet in einen zweiten politischen Frühling noch verhindern.
Kay Wagner