Der alte Premier ist der neue. Und drei der bisherigen Koalitionspartner sind auch noch im Boot. Das war's aber auch schon fast. Die politische Situation hat sich an diesem Wochenende doch spektakulär verändert.
Der Showdown begann am Samstagabend. Ein Sonderministerrat war einberufen worden. Die Regierung sollte ein für allemal ihren Standpunkt zum UN-Migrationspakt definieren. Schon nach einer halben Stunde verließen die N-VA-Minister den Raum.
Die Begründung folgte wenig später auf einer Pressekonferenz: Die übrigen Koalitionspartner wollten sich über das Veto der N-VA gegen den UN-Migrationspakt hinwegsetzen, beklagte Parteichef Bart De Wever. Und er stellte ein Ultimatum: Sollte Premier Charles Michel nach Marrakesch abreisen, um Belgien dort an den Pakt zu binden, dann verlasse seine Partei die Koalition.
Anderthalb Stunden später beendete Premierminister Charles Michel dann aber das Katz- und Mausspiel: Er werde nach Marrakesch reisen. Hinzu kommt: Die N-VA habe den Regierungstisch verlassen. Er nehme das zur Kenntnis.
Schnell wurde klar: Der Premier plant ohne die N-VA. Am Sonntagvormittag wurden dann Fakten draus: Die N-VA-Minister reichten ihren Rücktritt ein. Wir wollen klare Verhältnisse, sagte sinngemäß der bisherige N-VA-Vizepremier Jan Jambon.
Damit war die Messe gelesen. Premier Michel begab sich später zum König, um die Rücktritte und die erforderliche Kabinettsumbildung vom Staatsoberhaupt besiegeln zu lassen. Am Nachmittag kam die neue Regierung zu ihrem ersten Ministerrat zusammen. Premier Michel erklärte im Anschluss, dass die Regierung sich in den letzten Monaten auf drei zentrale Themenbereiche konzentrieren werde: Sozial- und Wirtschaftspolitik, Innere Sicherheit und Justiz sowie Klimapolitik.
Nur: Für all das wird diese Regierung die Unterstützung zumindest von Teilen der Opposition brauchen. Das ist die Essenz einer Minderheitsregierung. Er werde sobald wie möglich mit Konsultationen beginnen, sagte Michel. Bei der Pressekonferenz bedankte er sich ausdrücklich bei den N-VA-Ministern für die geleistete Arbeit. Die N-VA hat auch versprochen, sich konstruktiv aufzustellen, etwa wenn es sich um Akten handelt, an denen man bis vor Kurzem mitgearbeitet hatte. Sprecher der Oppositionsfraktionen sahen darin schon einen Hinweis darauf, dass die N-VA womöglich immer noch mit einem Bein in der Regierung stehen könnte.
"Wir sind geschlossen und entschlossen", sagte Michel. "Und wir sind uns dessen bewusst, dass das alles nicht einfach wird." Aber: Er appelliere an das Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten, im Sinne des Allgemeinwohls und der Interessen der Bürger.
Roger Pint