Die N-VA will den Pakt nicht unterzeichnen, die anderen Regierungsparteien schon. Die N-VA ist auch gegen eine belgische Auslegungsbestimmung zum Pakt nach norwegischem Vorbild. Die anderen Regierungsparteien lehnen es ab, dass sich Belgien zum Pakt enthält.
Die Regierung droht, an dem Streit über den Migrationspakt zu zerbrechen. Michel will nun selbst zwischen den Parteien verhandeln. Die Kammerkommission hat wegen des Streits ihre Abstimmung über den Pakt auf Mittwoch verschoben.
Die EU-Kommission hat am Dienstag einen "letzten Aufruf" an die EU-Staaten zum UN-Migrationspakt gerichtet. Es liege im Interesse aller Mitgliedstaaten, den Pakt zu unterzeichnen, sagte EU-Migrationskommissar Avramopoulos.
Zur belgischen Regierungskrise wollte er nicht direkt Stellung beziehen. Avramopoulos sagte, dass manche Interpretation des Paktes nicht stimme. So solle er nicht Migrationsströme fördern, sondern illegale Migration verhindern.
Rückzieher
Unterdessen hatte die N-VA im Sozialen Netzwerk Facebook eine PR-Kampagne gegen den Migrationspakt gestartet. Darin verdeutlichten die flämischen Nationalisten ihre Lesart des Migrationspaktes. Demnach befürchten sie unter anderem, dass illegale Migration nicht mehr strafbar ist und jeder Migrant Zugang zu sozialen Leistungen erhalten soll. Außerdem beklagt die N-VA, dass der Pakt darauf bedacht sei, dass Migranten ihre eigene Kultur behalten sollen.
Nach heftiger Kritik von zahlreichen Politikern anderer Parteien hat die N-VA die Kampagne wieder zurückgezogen. Vize-Premier Kris Peeters von der CD&V nannte sie skandalös.
Experten in der Kammerkommission
In der zuständigen Kammerkommission haben am Dienstagvormittag sechs Experten ihre Einschätzung zum UN-Migrationspakt erläutert. Der Botschafter, der Belgien bei den UN-Verhandlungen vertreten hatte, sagte in der Kammer, der Pakt beinhalte alle Forderungen Belgiens. Bis zum Schluss habe die N-VA keine Einwände gehabt.
Ein Gutachter, den die N-VA bestellt hatte, glaubt, dass der Pakt die Politik in Migrationsfragen schwächt. Weil der Pakt die Rechte von Migranten unterstreiche, sei zu erwarten, dass Gerichte die Migrationspolitik durch Urteile maßgeblich mitgestalten werde.
vrt/belga/okr