Auf den letzten Metern muss es ein Tauziehen zwischen Belgien und den Niederlanden gegeben haben, um den Zuschlag von Alibaba zu bekommen. Im Juli hatte sich bereits Premierminister Charles Michel siegessicher gezeigt. Sichtbar stolz verkündete er schon damals, dass Alibaba ein großes Verteilerzentrum in einer wallonischen Stadt bauen werde.
Ein Monat später empfing Michels niederländischer Amtskollege Mark Rutte die Chefetage von Alibaba in Den Haag. Es war kein Geheimnis, dass auch die Niederländer gerne den Zuschlag des Online-Riesen bekommen hätten. Als Standort hatten sie Maastricht im Angebot.
Den am Dienstag über belgische Zeitungen vermeldeten Ausgang des Rennens kommentierte der föderale Arbeits- und Wirtschaftsminister Kris Peeters in der VRT wie folgt: "Traditionell haben wir immer den Kürzeren gezogen gegenüber den Niederländern. Diesmal ist es anders. Und wir wollen hoffen, dass das der Startschuss sein wird für eine ganze Reihe von Unternehmen, die im Online-Handel tätig sind und sich für Belgien als Standort entscheiden."
Ähnlich begeistert gab sich Michel. Er wertet die Wahl für Lüttich als ein Ergebnis der Reformpolitik seiner Regierung. Aber auch der persönlichen Kontakte, die er selbst mit dem Alibaba-Gründer und -Chef, Jack Ma, unterhalte. In den vergangenen Jahren habe er Ma regelmäßig in Davos beim Weltwirtschaftsgipfel getroffen. Ohne diese Kontakte und die Sympathien, die zwischen ihm und Ma entstanden seien, wäre die Entscheidung für Lüttich wohl kaum gefallen.
Wörtlich sagte Michel: "Das ist eine wichtige Entscheidung, ein starkes Signal. Die Reformen, die wir veranlasst haben, bringen Belgien auf die Karte der digitalen Wirtschaft. Das ist sehr bedeutend für Arbeitsplätze und Investitionen. Wir mussten dafür kämpfen und Überzeugungsarbeit leisten. Und das trägt jetzt Früchte."
In Lüttich selbst sieht Bürgermeister Willy Demeyer von der PS den Zuschlag der Chinesen zunächst als Erfolg der eigenen Anstrengungen. Lüttich habe es geschafft, sich strategisch zu wandeln. Der Großraum sei dabei, sich als Logistikstandort einen Namen zu machen. "Wir sehen in der Zusage ganz klar einen wichtigen Erfolg einer Strategie der Lütticher Region, bei der die Logistik im Zentrum steht. Denn wir haben den Flughafen, viele Autobahnanbindungen, die Zugstrecken und den Fluss. All das sind Trümpfe, und darüber freuen wir uns", so Demeyer.
Demeyer gibt allerdings auch zu, dass die Region Lüttich diesen Erfolg nicht ganz alleine geschafft habe. "Die Region hat viel investiert", sagt er. Die föderale Ebene habe das aber auch kräftig unterstützt. Und das sei sehr gut so.
Welche Auswirkungen die Ankunft der Chinesen in Lüttich haben wird, weiß Demeyer noch nicht genau. Klar ist, dass Arbeitsplätze geschaffen werden. Und Demeyer glaubt, dass es nicht nur ein paar Hundert sein werden. "Das kann mehrere Tausende Arbeitsplätze bedeuten. Mit all den direkten und indirekten Arbeitsplätzen - da kann man schon mit mehreren Tausend rechnen."
Kay Wagner