Abrakadabra, Simsalabim - in Sozialen Netzwerken kursiert seit Dienstag das Foto des Illusionisten David Copperfield. Für die Opposition ist klar: Die Regierung scheint über irgendeinen geheimnisvollen Zauberstab zu verfügen. Anders ließen sich die Haushaltszahlen nicht erklären, die da am Dienstag vorgelegt wurden. "Aber, wir kennen es eigentlich nicht anders von dieser Koalition", wetterte der PS-Vorsitzende Ahmed Laaouej im Finanzausschuss der Kammer. "Hier werden mal wieder die Zahlen aufgebläht."
"Sie ignorieren bewusst die Realität", schließt sich die SP.A-Fraktionschefin Meryame Kitir dem roten Kollegen an. "Sie belasten die Zukunft unserer Kinder mit einer Rechnung, von der noch niemand weiß, wie gesalzen sie tatsächlich ausfallen wird." "Durchgefallen!", so das Urteil der Sozialistin.
Und auch die Grünen haben Bauchschmerzen. Die Regierung will 2,6 Milliarden gefunden haben, um das Budget wieder in die EU-Spur zu bringen. "Andere Institutionen gehen davon aus, dass vier Milliarden fehlten, vielleicht sogar 4,5", sagt Gilles Vanden Burre von Ecolo. Das Ganze sei doch sehr besorgniserregend.
Wahlkampf
"Die Regierung hat da offensichtlich tief in die Trickkiste gegriffen", sagt auch der CDH-Abgeordnete Benoît Dispa. Mit der Wahrheit habe dieser Haushalt wenig zu tun. "Was wir hier sehen, das ist eher ein Wahlkampf-Budget."
"Wahlkampf", auch ein Stichwort, das man im Ausschuss immer wieder hörte. So kurz vor den Kommunalwahlen habe es schlichtweg niemand gewagt, die Menschen noch einmal zur Kasse zu bitten, ist sich die Opposition sicher. Und was macht man da? Man schließt ein Abkommen, von dem jeder weiß, dass es wohl im Herbst nochmal genauer ausformuliert werden muss. Eben nach den Wahlen.
Beispiel: Die Reform des Arbeitslosengeldes. Bislang sind nur die groben Züge bekannt. Dem Vorschlag von Arbeitsminister Kris Peeters zufolge, soll das Arbeitslosengeld ja in einer ersten Phase steigen, um dann in einer zweiten Phase schneller zu sinken, als das bislang der Fall ist. Über die genauen Einzelheiten will er aber erst im November entscheiden.
Zugeständnisse
"Ach so?", wendet sich der Groen-Parlamentarier Kristof Calvo an den CD&V-Vizepremier. "Erst im Herbst? Das ist doch feige! Die Menschen sollen also erst nach den Kommunalwahlen erfahren, welche Zugeständnisse sie an die anderen Koalitionspartner gemacht haben."
"Zugeständnisse", das Wort fiel ebenfalls in jedem dritten Satz. Es sei doch offensichtlich, warum die CD&V dieser Degressivität des Arbeitslosengeldes zugestimmt hat, also der Tatsache, dass die Unterstützung schneller abnehmen soll als bisher. "Sie haben sich auf einen Kuhhandel eingelassen", giftet Meryame Kitir von der SP.A in Richtung Kris Peeters. "Sie haben ihr soziales Gewissen verkauft für Arco."
Arco, noch so ein Wort. Es ist ja so, dass die Regierung jetzt beschlossen hat, die Arco-Teilhaber zu entschädigen. Die hatten im Zuge der Dexia-Pleite 2011 ihren Einsatz verloren. Die CD&V hat immer darauf gepocht, dass diese immerhin bis zu 800.000 Menschen einen Teil davon zurückbekommen sollten. "Und dafür müssen jetzt die Arbeitslosen die Zeche zahlen", kritisierten neben Kitir auch andere Oppositionsfraktionen, die auch alle gleich bemerkten, dass dieser Arco-Deal noch von der EU-Kommission abgesegnet werden muss. Und die ersten Signale der zuständigen EU-Kommissarin Margrethe Vestager geben da nicht unbedingt Anlass zu Optimismus.
Fragiles Abkommen
Und das macht das ganze Abkommen umso fragiler. Denn: Alles hängt zusammen. Ohne Arco-Deal, kein Job-Deal, zumindest keine Degressivität des Arbeitslosengeldes. Nur: Als erhoffte Retour aus dem Job-Deal hat man schonmal 500 Millionen in den Haushalt eingetragen, die die Maßnahme einbringen soll, weil ja - wenn alles klappt - mehr Menschen eine Arbeitsstelle bekommen sollen. "Das ist im Übrigen auch totaler Nonsens", meint der PS-Fraktionsvorsitzende Ahmed Laaouej.
Da konnte die Regierung ihre Arbeit noch so sehr verteidigen, es blieb bei dem vernichtenden Urteil der Opposition. "Nicht überzeugt!", sagt stellvertretend Benoît Dispa von der CDH. Da blieb dem Ausschussvorsitzenden, Eric Van Rompuy, am Ende nur noch eins: den Kollegen einen schönen Urlaub zu wünschen.
Roger Pint