Charles Michel zeigt sich im Interview mit der RTBF am Dienstagmorgen zuversichtlich. "Es wird ein schwieriges Spiel, aber wir haben Talent, und wir werden gewinnen." Doch egal, wie es am Dienstagabend ausgeht. Dem Premier ist die außergewöhnliche Begeisterung, die das ganze Land erfasst hat jedenfalls nicht entgangen.
Diese Leidenschaft und dieser Zusammenhalt legten alle Differenzen beiseite. Aber, man dürfe nicht davon ausgehen, dass bei einem möglichen WM-Sieg die innerbelgischen Konflikte der Vergangenheit angehören würden. Die Identitätsfrage sei auch gar nicht entscheidend, so der Premier. Man dürfe oder müsse nicht nur eine Identität haben, sondern auch mehrere nebeneinander. Gerade in der Summe liege unsere Stärke.
Einen positiven Effekt habe der Wirbel um die Rote Teufel jedenfalls, findet der Premier. Denn gerade hierzulande sei man oft zu selbstkritisch, man sehe unsere Talente, unsere Trümpfe nicht. Im Ausland sei der Blick auf Belgien oft viel positiver. Michel würde sich jedenfalls freuen, wenn der sportliche Erfolg der Roten Teufel auch dazu führen würde, dass man in Belgien auch die anderen Stärken erkennen würde.
Belgien also im Fokus der Weltöffentlichkeit. Nicht nur bei der Fußball-WM, sondern auch beim bevorstehenden Nato-Gipfel. Und der wird es wohl in sich haben. Donald Trump wird seine europäischen Verbündeten nochmals dazu aufrufen, mehr in die Verteidigung zu investieren.
Der Meinung ist auch Charles Michel, aber da braucht es keinen Donald Trump, um das zu erkennen. Seine Regierung habe bereits ein Investitionsprogramm für die belgische Armee erstellt. Denn die Sicherheitslage habe sich verändert, im Süden sowie im Osten Europas. Es gebe den Terrorismus und die Bedrohung durch Desinformation, Manipulation und Cyberangriffen. Um den 70 Jahre dauernden Frieden in Europa zu erhalten, müsse man sich auch die Mittel dazu geben, so der Premier.
Und auch wenn es in den kommenden beiden Tagen zu Meinungsverschiedenheiten kommen sollte, das Wichtigste sei die Sicherheit. Und dafür brauche es eine starke Allianz zwischen Europa und den USA. Aber keine, in der die einen den anderen vorschreiben was sie zu tun haben, sondern eine Allianz in der sich beide Seiten gegenseitig respektieren.
Volker Krings