An umstrittenen Themen mangelt es zurzeit nicht. Doch Charles Michel bringt das nicht aus der Ruhe: Michel zeigte sich bei seinen Auftritten in der RTBF als ein Premierminister, der seine Dossiers gut kennt, die Regierungsarbeit verteidigt und Sachen zurechtrückt, die es für ihn zurechtzurücken gibt.
Zum Beispiel Freitagvormittag, als er von einem Hörer nach seiner persönlichen Verantwortung für das Attentat von Lüttich gefragt wurde. Michel gab offen zu: Ja, er fühle sich verantwortlich. Er gehöre nicht zu denjenigen, die die Verantwortung auf andere abwälzen würde. Aber, so der Premierminister dann einschränkend, man dürfe bei der Sache nicht alles miteinander vermischen.
Und dann zählte Michel die Fakten auf und erklärte, wie das gelaufen sei, wie die Entscheidung gefällt worden war, dass der Täter von Lüttich Freigang aus dem Gefängnis bekommen habe. Einen direkten Fehler, so die Quintessenz daraus, könne man da nicht feststellen. Aber sicher: Am Gefängnissystem müsse sich etwas ändern. Und seine Regierung sei auch schon dabei, etwas zu machen.
So ging es bei fast allen heiklen Themen, zu dem die Journalisten und Bürger Michel befragten. Immer hatte Michel eine überzeugend klingende Antwort parat. Dem Streit mit den Journalisten ging Michel dabei nicht aus dem Weg. Zum Beispiel, als er grundsätzlich das Format von "Jeudi en prime" lobte und sich freute, Gast der Sendung zu sein.
Es sei gut, dass es solche Sendungen gebe, die Raum für Nuancen und Details bieten würden, für etwas längere Erklärungen als oft in Nachrichtensendungen im TV, wo vieles auf einfache Slogans verkürzt werde. Die Moderatorin wollte das nicht auf sich sitzen lassen. Auch Politiker würden verkürzen, warf sie ein. Michel bleib bei seinem Standpunkt. Es kam zu einem kurzen Wortgefecht, bei dem Michel das letzte Wort für sich beanspruchte.
Als die Frage auf Bart De Wever zu sprechen kam, wies Michel die Einflussnahme des N-VA-Chefs auf die Regierungspolitik zurück. Michel sagte zu den Journalisten: "Ich bin, im Gegensatz zu Ihnen, nicht besessen von den Äußerungen des Präsidenten der N-VA."
Theo Francken als Mitglied seiner Regierungsmannschaft verteidigte Michel. Francken habe das Recht, sich zu äußern. Jeder Politiker habe dabei seinen eigenen Stil. "Und mit Sicherheit äußere ich mich nicht in der gleichen Art und Weise, wie Theo Francken", sagte Michel.
Die vier Jahre, die er jetzt Premierminister sei, hätten ihn geformt und auch einiges gelehrt. Zum Beispiel, besser eine gewisse Resistenz gegen Kritik zu entwickeln. Oder auch, wie wichtig es sei, als Premierminister stets einen kühlen Kopf und ruhiges Blut zu bewahren. Dazu hätten vielleicht vor allem die tragischen Momente wie zum Beispiel die Anschläge vom 22. März, der Tod der kleinen Mawda oder das Attentat diese Woche in Lüttich beigetragen.
Charles Michel Superstar - so könnte man die Auftritte des 42-Jährigen zusammenfassen. Doch ganz so stimmt das nicht. Denn Michel zeigte nicht den Superhelden, sondern eher den engagierten Arbeiter. Ein Premier, der sich in seiner Funktion ins Zeug legt. Wissend, dass nicht alles, was er macht, allen gefällt. Aber dass es die Politik ist, für die er steht, und für die er stehen möchte - zum Wohl seines Landes.
Kay Wagner
Ein Loblied auf den ersten Belgischen Premier, der die Faschisten an die Macht gebracht hat. Gut gemacht, Herr Wagner - staatlich finanzierte Lobhudelei ist sicher ein Traumjob. Lieber Staatsfunk, muss das sein?