Die Sektflaschen waren gerade wohl erst weggeräumt, da kam die schlechte Nachricht wie aus heiterem Himmel. Die Antwerpener Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Tom Meeuws - und das schon seit einem Monat. Grund ist eine Anzeige der Nahverkehrsgesellschaft De Lijn gegen Tom Meeuws.
Meeuws war mal Regionaldirektor von De Lijn in Antwerpen, musste aber 2015 zurücktreten. Er soll, wie erst kürzlich bekannt wurde, bei den Rechnungen für die Eröffnungsfeier eines Metrotunnels geschummelt haben. Weil die Feier im Antwerpener Kulturzentrum De Roma so teuer war, soll Meeuws die Rechnungen in kleinere Beträge gesplittet haben, um so das notwendige Ok des Verwaltungsrates zu umgehen.
Roma-Affäre
De Lijn und Meeuws vereinbarten damals Stillschweigen über die ganze Sache, doch bei einem Interview im Januar brach Meeuws dieses Schweigen und gab zu, Fehler gemacht zu haben. De Lijn blieb, nach eigenen Angaben, daraufhin gar nichts anders übrig als Anzeige zu erstatten, sagt deren Verwaltungsratspräsident Marc Descheemaecker.
Die Roma-Affäre soll aber nicht der einzige Grund für eine Anzeige gewesen sein, sagt Descheemaecker. Es gehe um Missachtung der Gesetzgebung für öffentliche Aufträge und unsachgemäße Verwendung von Gesellschaftsvermögen.
Doch das Interview vom Januar hatte noch ganz andere Folgen. Die SP.A sprach ihrem Vorsitzenden Meeuws weiterhin das Vertrauen aus. Darauf zogen die Grünen den Stecker aus dem Linksbündnis "Samen", dem Kartell von SP.A und Groen, das bei den Gemeinderatswahlen im Oktober antreten wollte.
Und es war beileibe nicht das erste Mal, dass Tom Meeuws von sich reden machte. Der hatte Ende 2017 mit großem Trara Kungelei zwischen dem Antwerpener Gemeindekollegium und der Land Invest Group vermutet. Später stellte sich dann peinlicherweise heraus, dass Meeuws selber mit dem Immobilienentwickler zusammengearbeitet hat und auch selbst in ein Appartement investiert hat.
Der neuerliche Wirbel kommt für die SP.A dann auch zur Unzeit, meint der Antwerpener Politologe Dave Sinardet. Gerade erst habe die Partei mit der neuen Spitzenkandidatin Jinnih Beels versucht, reinen Tisch zu machen, da kommt ein paar Stunden später die Nachricht über die Ermittlungen, so Sinardet.
Komischer Zufall
Zufall oder nicht? Der N-VA und ihrem Bürgermeister Bart De Wever kommt der ganze Wirbel um die SP.A und ihren Vorsitzenden Meeuws natürlich nicht ungelegen. Die flämischen Zeitungen waren sich am Donnerstagmorgen jedenfalls einig. Ein komischer Zufall. Schließlich ist De-Lijn Vorsitzender Descheemaecker ganz nebenbei auch N-VA-Mitglied.
Der dementiert. Für das Timing könne er nichts. Vor einem Monat habe ein Journalist Einsicht in alle Dokumente gefragt. De Lijn habe sich geweigert, daraufhin sei der Journalist in Berufung gegangen. Das Berufungsgericht habe De Lijn recht gegeben. Und in der Urteilsbegründung auf die laufenden strafrechtlichen Ermittlungen verwiesen. Damit wurde das ganze öffentlich bekannt. De Lijn habe damit nichts zu tun.
Tom Meeuws gab auch am Mittwoch zu, nichts davon gewusst zu haben. Und auch die frisch gebackene Spitzenkandidatin Jinnih Beels fiel aus allen Wolken. Selbst eigentlich parteilos, sprach sie am Mittwochabend dem SP.A-Vorsitzenden Tom Meeuws ihr Vertrauen aus. Wenn es nach ihr ginge, müsse er nicht zurücktreten. Sie glaube ihm. Man müsse erstmal abwarten, was die Ermittlungen ergeben.
Volker Krings