Seit Tagen sorgt der Skandal um den Schlachtbetrieb Veviba in Bastogne für negative Schlagzeilen. Landwirtschaftsminister Denis Ducarme spricht sogar von "mafiösen Strukturen". Inzwischen haben sich die Beschäftigen des Betriebs in einem Kommuniqué gegen die Vorwürfe verteidigt.
Doch auch die Föderalagentur für die Sicherheit der Nahrungsmittelkette (Afsca) gerät zunehmend unter Beschuss. Ducarme ist überzeugt: Die Afsca muss reformiert werden. Doch wie? In solchen Fällen wird ja gerne mal gefordert, dass Köpfe rollen. In diesem Fall der von Afsca-Boss Herman Diricks. Der musste am Montag dem Parlamentsausschuss Rede und Antwort stehen.
Warum hat es anderthalb Jahre gedauert, bis die Afsca endlich zur Tat schritt? Man habe der Justiz nicht in die Quere kommen wollen, so Diricks. Und außerdem könne man schließlich nicht überall sein. Man tue, was man kann, um das Risiko so gering wie möglich zu halten:
Doch seine Erklärungen stellten nicht alle zufrieden. Diricks könne doch nicht mit seinen Powerpoint-Präsentationen antanzen und dann so tun, als sei alles in Ordnung gewesen, so Oppositionsmitglied Annick Lambrechts von der sozialistischen SP.A.
Doch auch aus den Reihen der Regierungsparteien hieß es nach der Ausschusssitzung, Minister Ducarme müsse sich genauestens anschauen, wo Fehler gemacht wurden und entsprechend handeln, tönte die liberale Open-VLD-Abgeordnete Nele Lijnen.
Rücktritt hin oder her. Für Ecolo-Groen-Fraktionsführer Kris Calvo gibt es zwar viele offene Fragen, aber es sei wohl sehr einfach, mit dem Finger auf einen Mann zu zeigen. Die Verantwortung liegt auch bei der Politik, sagt Calvo. Immer mehr Sparmaßnahmen, immer weniger Kontrollen. Chef der Afsca sei die Regierung, namentlich Landwirtschaftsminister Ducarme und Gesundheitsministerin Maggie De Block.
Und bei ihr solle die Afsca auch so schnell wie möglich wieder angesiedelt werden, fordert der Grünenpolitiker. Dazu muss man wissen: Im Zuge des Dioxin-Ende der 1990er Jahre hatten die Grünen, damals in der Föderalregierung, die Afsca ins Leben gerufen - innerhalb des Gesundheitsministeriums. Doch Jahre später hatte sich die liberale Landwirtschaftsministerin Sabine Laruelle die Afsca unter ihren Nagel gerissen.
De Block gibt sich ihrer Regierung gegenüber loyal. Ansprüche auf die Afsca-Aufsicht stellt sie nicht, würde sich aber auch nicht dagegen sträuben. Aber sie zu bedenken: Auch wenn die Afsca bei ihr angesiedelt gewesen wäre, geändert hätte das nichts. Die Justiz in Neufchateau sei wohl so dünn besetzt gewesen, dass man keine Zeit hatte, sich um Veviba zu kümmern.
Kaputtgesparte Behörden, die ihrer Arbeit nicht nachkommen könne? Vielleicht. Aber auch ein anderes typisch belgisches Phänomen ist möglicherweise ein Grund für das zu späte Reagieren im Veviba-Skandal, nämlich die Zersplitterung der Zuständigkeiten, sagt Sonja De Becker vom flämischen Boerenbond.
In die Kontrolle sind sowohl verschiedene Behörden auf föderaler und regionaler Ebene zuständig. Alle machen zwar ihre Arbeit, so De Becker, aber es gibt niemanden, der alle Puzzlestücke zusammenlegt. Gebe es eine Art übergeordnete Instanz, würde man besser zusammenarbeiten und miteinander kommunizieren, dann könne man schneller handeln.
Volker Krings