Hygiene gleich Null. Das Fleisch auf dem Boden, inmitten von Blut und Mikroben, erzählt ein Mitarbeiter von Veviba, der anonym bleiben will. Eigentlich müsste dort täglich sauber gemacht werden. In der Realität ist es aber nur einmal die Woche. Und nicht nur das: Zu seiner Aufgabe gehört auch das Umetikettieren. Damit verlängert Veviba die Haltbarkeit um ein Jahr. Auf dem Papier jedenfalls ...
"Das Fleisch war teilweise in einem unverkäuflichen Zustand. Solange es eingefroren war, ging es noch", so der Mitarbeiter, "doch einmal aufgetaut, wurde es dann richtig übel."
Das sind die unappetitlichen Details hinter dem Skandal. Der Betrieb in Bastogne wurde Donnerstag vorsorglich dicht gemacht. Was mit den Tieren passiert, die dort geschlachtet werden sollten, ist noch unklar.
Weitaus deutlicher sind die Reaktionen der betroffenen Supermarktketten. Delhaize und Colruyt haben die Produkte aus ihren Regalen genommen und alle Geschäftsverbindungen gekündigt.
Anhand der Namen der Kunden ist schnell ersichtlich, dass die Verbist-Gruppe, zu der der Schlachtbetrieb in Bastogne gehört, keine kleine Hinterhofmetzgerei ist. Der Skandal sorgt dann auch für ziemlich Aufruhr. Marianne Streel, Präsidentin des Verbandes der wallonischen Landwirtinnen: "Das ist Betrug eines einzelnen, der den gesamten Sektor in Verruf und die Landwirte damit in finanzielle Schwierigkeiten bringt", schimpft die hörbar verärgerte Marianne Streel. Hier geht es schlicht und ergreifend ums Überleben.
Vertrauensbruch
Auch Pierre Olivier Jonkeau, Landwirt aus Houffalize, ist geschockt. Noch am Montag hatte er ein Rind nach Bastogne gebracht: "Für viele war das Unternehmen vertrauenswürdig. Dieses Vertrauen ist jetzt zerbrochen." Da habe wohl Profitgier eine Rolle gespielt, so der Landwirt.
Denn Probleme haben die Viehzüchter mehr als genug. Die Preise sind im Keller, die Vorgaben anspruchsvoll und die Kontrollen streng. Aber scheinbar gilt das nicht für den Rest der Lieferkette. Die Landwirte verlangen deshalb mehr Transparenz, auch für die verarbeitenden Unternehmen.
Der wallonische CDH-Landwirtschaftsminister René Collin versprach am Freitag, die Kontrollen der Größe der Betriebe anzupassen. Bei kleineren Betrieben, die sich nach seiner Ansicht zu Recht über zu strenge Kontrollen beklagen, könnte etwas mehr Flexibilität an den Tag gelegt werden. Doch je größer der Betrieb und das Risiko, desto genauer müsste man hinschauen. Denn der wirtschaftliche Schaden kann bei diesen Betrieben auch umso größer sein.
Dringlichkeitssitzung
In der Kritik steht auch die Föderalagentur für die Sicherheit der Nahrungsmittelkette Afsca. Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gab es anscheinend genug, sagt die Ecolo-Kammerabgeordnete und Mitglied der Umwelt- und Gesundheitskommission Muriel Gerkens: "Schon im September 2016 gab es Klagen von einem Veviba-Kunden aus dem Kosovo." Muriel Gerkens verstehe nicht, wie es trotzdem so weit kommen konnte. Sie hat nun eine Dringlichkeitssitzung der Kommission einberufen. Sie soll am Montagnachmittag zusammenkommen.
Unterdessen sollen zwei Krisenmanager der Wallonischen Gesellschaft Sogepa das Ausmaß des Skandals beurteilen und das Schlimmste verhindern. Am Dienstag will sich der wallonische Landwirtschaftsminister Collin mit Vertretern des gesamten Sektors und des Einzelhandels treffen. Sein föderaler Amtskollege Daniel Ducarme hat den betroffenen Landwirten inzwischen die Möglichkeit einer Sammelklage eingeräumt.
Gesundheitsministerin Maggie De Block gab unterdessen Entwarnung, was die Gesundheit der Verbraucher angehe: Das Monitoring des Wissenschaftlichen Instituts für Volksgesundheit habe in der letzten Zeit jedenfalls keinen besonderen Anstieg an Lebensmittelinfektionen feststellen können.
CSC weist auf Sozialdumping in Fleischsektor hin
Vor dem Hintergrund des aktuellen Fleischskandals der Verbist-Tochter Veviba weist die CSC-Gewerkschaft auf einen Missstand hin, der den Fleischsektor bereits seit Jahren kennzeichne. Bereits 2010 sei die CSC gegen fragwürdige Unternehmer vorgegangen, die mit unterbezahltem Personal oder falschen Freiberuflern arbeiten würden. Sicherheit, Hygiene und Rücksicht auf die Tiere seien nicht ihre Hauptsorgen.
Bei den Arbeitern handele es sich meist um Ausländer ohne Kenntnis der Landessprachen. Hinzu komme der Preisdruck. Das schaffe unlautere Konkurrenz für die Firmen, die korrekt arbeiten, aber glücklicherweise in der Mehrzahl seien.
De Block: Keine Infektionen nach Fleischskandal festgestellt
Volker Krings
Man sollte eine Sammelanzeige machen!
Das ist Kriminäl, Gott wie viele Menschen dafurch erkrankt und eventuell daran verstorben sind!