Puigdemont ist deutlich. Er sei nicht nach Belgien gekommen, um Asyl zu beantragen. Seine Anwesenheit sei keine belgische Frage. Er sei nach Brüssel gekommen, weil es die Hauptstadt Europas sei. Hier wolle er in Freiheit und Sicherheit arbeiten.
Puigdemont und weiteren Mitgliedern seiner Regionalregierung drohen wegen Auflehnung gegen die Staatsgewalt, Rebellion und Unterschlagung öffentlicher Gelder langjährige Haftstrafen. Mit der Reise nach Belgien wolle man sich aber nicht der spanischen Justiz entziehen. Ziel der Reise ins Herz der europäischen Institutionen sei vielmehr: Man wolle das katalanische Problem ins Bewusstsein bringen, die Politisierung der spanischen Justiz, die fehlende Unparteilichkeit, die Verfolgung ihrer Ideen und das schwere Demokratiedefizit Spaniens anklagen.
Die internationale Gemeinschaft und vor allem Europa müssten reagieren. Die katalanische Sache basiere auf europäischen Werten: Demokratie, Freiheit, Meinungsfreiheit, Gewaltlosigkeit. Wenn Europa es der spanischen Regierung erlaube, nicht mehr mit ihnen zu reden, rechtsextreme Gewalt zu tolerieren, mit Militärgewalt zu agieren, und sie für 30 Jahre ins Gefängnis zu werfen, dann sei das das Ende der europäischen Idee. Ein Fehler, den wir alle am Ende teuer bezahlen würden, so Puigdemont.
Nach Puigdemont's stark besuchter Pressekonferenz in Brüssel bedauerten spanische Medien übrigens, dass sie keine Gelegenheit hatten, Fragen zu stellen. Puidgemont hatte zu Beginn angekündigt, fünf Fragen zuzulassen. Nach Euronews, BBC, Sky News und dem katalanischen Fernsehen kam noch die RTBF als fünfte an die Reihe.
Aufenthalt auf unbestimmte Zeit
Asylstaatssekretär Theo Francken und seine Partei, die N-VA, waren in den letzten Tagen stark kritisiert worden. Viele sahen in den Sympathiebekundungen der flämischen Nationalisten für die katalanischen Separatisten und Franckens Aussagen zum möglichen Asyl eine Einladung nach Belgien zu kommen. Eine Situation, die die belgische Regierung mit der Ankunft Puigdemonts in Verlegenheit gebracht hat.
Puigdemont bekräftigte am Dienstag jedenfalls, er sei nicht hier, um belgische Politik zu machen, sondern als europäischer Politiker. Zwar gebe es durchaus Verbindungen zu anderen europäischen Parteien, die gebe es aber schon lange. Er bleibe neutral. Wie lange er und die fünf katalanischen Minister, die ihn begleiten in Belgien bleiben, hänge von der spanischen Zentralregierung ab.
Die hatte die katalanische Regierung abgesetzt, entsprechend Artikel 155 der spanischen Verfassung die Amtsgeschäfte übernommen und für den 21. Dezember Neuwahlen angesetzt. Die Unabhängigkeitserklärung der Katalanen wurde seitens der spanischen Regierung am Dienstag auch ausgesetzt.
Puigdemont will Wahlergebnis akzeptieren
Puigdemont, seine Regierung und die Katalanen wollen das Ergebnis dieser Wahl akzeptieren, egal wie das Ergebnis ausfalle. Und das erwartet Puigdemont auch von allen Befürwortern des Artikels 155 und vor allem von der Partido Popular von Mariona Rajoy.
Puigdemont fordert Klarheit und pokert hoch. Denn, wie stark der Unabhängigkeitswille der Katalanen ist, weiß keiner so genau. Ein illegales Referendum, an dem viele gar nicht mitmachen wollten, oder daran gehindert wurden, ist kein verlässlicher Gradmesser. Doch falls Madrid zusagt, das Wahlergebnis zu akzeptieren, wird sie es tatsächlich auch dann tun, wenn die Separatisten am 21. Dezember die Mehrheit erlangen? Die nächsten Tage und Wochen dürften spannend werden...
Reaktion von Charles Michel
Erstmals hat sich am Dienstag auch Premierminister Michel zur Anwesenheit des abgesetzten katalanischen Ministerpräsidenten in Brüssel geäußert: Dieser sei in Belgien nicht aufgrund einer Einladung oder einer Initiative der belgischen Regierung. Er habe hier die selben Rechte und Pflichten, wie jeder europäische Bürger, nicht mehr und nicht weniger.
In einer Mitteilung des Kabinetts heißt es, Premierminister Michel sei am Montag über die Reise Puidgemonts nach Belgien in Kenntnis gesetzt worden.
Die parlamentarische Opposition wartet unterdessen weiter auf Erklärungen des Premiers. Michel werde nächste Woche, wie üblich, in der zuständigen Kammerkommission und im Plenum etwaige Fragen beantworten.
Auch der N-VA-Vorsitzende Bart De Wever äußerte sich am Dienstag: Puidgemont sei ein Freund und als solcher jederzeit willkommen. Seine Partei wolle kein Öl auf Feuer gießen, lasse aber auch keine Freunde im Stich, sagte De Wever, der den Ursprung der Krise in Madrid verortet.
Puigdemont ist in Belgien – Schwierige Situation für Föderalregierung
belga/fs/vk