Jean-Claude Marcourt, PS-Minister für das höhere Bildungswesen, zeigte sich vor dem Ministerrat selbst gespannt. Wie er sich die Arbeit mit den CDH-Kollegen vorstelle, wurde Marcourt gefragt, nachdem doch in den vergangenen Wochen so viel Porzellan zerschlagen worden sei zwischen PS und CDH, und PS-Präsident Elio Di Rupo noch am Dienstag Benoît Lutgen als "Verräter" gebrandmarkt hatte.
Gelassen, aber auch zuversichtlich antwortete Marcourt: "Wir müssen erst einmal schauen, ob die CDH-Minister überhaupt da sind. Und ich denke, wenn sie da sind, sind sie da, um zu arbeiten und etwas auf die Beine zu stellen."
Marcourts Zuversicht stützte sich auch auf die Ereignisse des Vortags. Da hatten sich nämlich die Mitarbeiter der Minister getroffen und die Themen, um die es am Mittwoch ging, inhaltlich vorbereitet. Dieses Treffen der Mitarbeiter, sagte Marcourt, sei ziemlich gut abgelaufen. Seitens der PS also Bereitschaft, weiterzumachen. In Klammern: Die PS hatte auch nie etwas anderes gewollt.
Spannender war dann tatsächlich, ob die CDH-Minister kommen würden. Sie kamen. Allen voran Alda Greoli, quasi die Superministerin und aufstrebender Stern der CDH. Neben ihrem Posten als Kulturministerin und stellvertretende Gemeinschaftspräsidentin war sie Ende Juli auch zur Ministerin in der neuen Regierung der Wallonie ernannt worden und ist dort ebenfalls eine der beiden Stellvertreter von Ministerpräsident Willy Borsus.
Mit welchen Gefühlen sie jetzt zu der Sitzung komme? "Wir wollten einen Wechsel der Mehrheit, wir haben uns das wirklich gewünscht. Augenscheinlich wollen weder Ecolo noch Défi ihre Verantwortung übernehmen. Deshalb übernehmen wir jetzt unsere Verantwortung", sagte Greoli. Ein Seitenhieb noch einmal auf die beiden Parteien, die sich geweigert hatten, die neuen Regierungspartner in der Wallonie, MR und CDH, auch in der Französischen Gemeinschaft - und übrigens auch Brüssel - in den Sattel zu heben.
Warum die CDH unbedingt ihre Verantwortung wahrnehmen will, begründete Greoli übrigens auch. Denn das, was die CDH interessiere, seien die Bedürfnisse der Menschen. So kann man das natürlich sehen. Andere Lesart wäre: Wir haben ein Loch in den Rumpf des Schiffes geschlagen. Und weil uns keiner ein neues Schiff anbietet, helfen wir eben mit, das leck geschlagene Schiff vor dem Untergang zu retten.
Aber egal, wie man es werten will. Fakt ist: Sie haben gearbeitet, die Minister, und das gar nicht mal schlecht. 33 der 35 Tischvorlagen wurden angenommen. PS-Ministerpräsident Rudy Demotte fasste die wichtigsten Ergebnisse so zusammen: "Wir haben Neueinstellungen in der öffentlichen Verwaltung beschlossen, Subventionen für Einrichtungen, Investitionen in Infrastruktur, wir haben beschlossen, Gebäude zu kaufen. Wir haben erste politische Orientierungen beschlossen, um eine möglichst breite Beteiligung an der Umsetzung des Pacte d’excellence für das Bildungswesen zu erreichen."
Viele Beschlüsse also, bei denen es ums Geldausgeben geht - gerade so, als ob sich nichts geändert hätte. Hat es ja auch nicht - nur in der Wallonie: Da stehen zurzeit alle Zeichen auf Sparen. Die CDH hat sich auf einen spannenden Spagat zwischen MR- und PS-Politik eingelassen.
Kay Wagner - Bild: Thierry Roge/BELGA