"Das können sie wohl sagen". Das war die ebenso lapidare wie klare Antwort von Asylstaatssekretär Theo Francken auf die Frage, ob es einfacher geworden ist, mit der wallonischen Region zusammenzuarbeiten. "Klar ist es das!", sagt also der N-VA-Politiker. Der Grund liegt auf der Hand: In Namür sind jetzt andere am Ruder. Seit einem Monat regiert eine Mehrheit aus MR und CDH, nachdem die Partei von Benoît Lutgen die Koalition mit der PS aufgekündigt hatte. Und das ändert im wahrsten Sinne des Wortes die Gemengelage: Die MR ist jetzt nicht mehr nur in der Föderalregierung, sondern eben auch in der Wallonie am Drücker. In der Musik würde man sagen, dass die Instrumente jetzt quasi von Natur aus aufeinander abgestimmt sind...
Auch deswegen war der Ortstermin in Rixensart südlich von Brüssel für alle Beteiligten hoch symbolisch. Asylstaatssekretär Francken und der wallonische Beschäftigungsminister Pierre-Yves Jeholet besuchten gemeinsam das örtliche Asylbewerberheim, um quasi diese - von beiden Seiten beschworene - "neue Ära" einzuläuten; dies über ein Kooperationsabkommen, das Francken und Jeholet bei der Gelegenheit unterzeichneten.
Und das sieht so aus: Das wallonische Arbeitsamt Forem soll ab jetzt systematisch die Asylbewerber betreuen, die in einer Auffangstruktur in der Wallonie untergebracht sind. Heißt etwa, dass sich das Forem die einzelnen Profile genau anschaut, um zu ermitteln, wo der Betreffende einsetzbar ist bzw. welche zusätzliche Ausbildung er eventuell benötigt, um bessere Jobaussichten zu haben.
So einleuchtend das klingt, aber dafür braucht man tatsächlich ein Kooperationsabkommen. Es ist ja so: Die Asylbewerberheime liegen in der Zuständigkeit von Fedasil, also des Föderalstaates. Und die Beschäftigung, das ist Sache der Regionen. Beide Seiten mussten also eine gemeinsame Grundlage für die Zusammenarbeit schaffen.
Mit Flandern gibt es längst ein entsprechendes Kooperationsabkommen. Und, "mein Gott", so sagte Asylstaatssekretär Theo Francken: Das sei ja auch eigentlich das Normalste der Welt. Viele Menschen seien in den letzten zwei Jahren zu uns gekommen, sagte Francken in der VRT. Seither stelle sich die Frage, was denn jetzt aus diesen Neuankömmlingen wird. Und die meisten seien der Ansicht, dass diese Leute nun schnell arbeiten sollen; das gelte wahrscheinlich auch für die Wallonie.
In Flandern wurden also schon seit einem Jahr die Kräfte gebündelt, um die Asylbewerber fit zu machen für den Arbeitsmarkt - angefangen mit Sprachkursen oder Weiterbildungsangeboten. In der Wallonie hingegen: Fehlanzeige. Mit der Vorgängerregierung in Namür sei es partout nicht möglich gewesen, ein entsprechendes Abkommen zu unterzeichnen, sagte Asylstaatssekretär Theo Francken in der RTBF, immer noch mit hörbarem Kopfschütteln.
Jetzt sei es aber auf einmal ganz schnell gegangen, sagt Francken. Naja, kann man sagen, die neue Equipe in Namür ist ja gerade mal einen Monat im Amt. "Das entspricht aber auch unserer Philosophie", sagt der MR-Beschäftigungsminister Pierre-Yves Jeholet. Die Wallonie verfolge die gleichen Ziele wie der Föderalstaat, die gleichen Ziele etwa in Sachen Asyl-, Integrations- und Beschäftigungspolitik.
Entsprechend sei das Kooperationsabkommen von Rixensart wohl erst der Anfang, verspricht Pierre-Yves Jeholet. In der Asylpolitik, aber auch in Fragen der Wirtschaft oder der Investitionspolitik, in all diesen Bereichen sei es das Bestreben der neuen wallonischen Regierung, mit der Föderalregierung Hand in Hand zu arbeiten.
Was bislang allenfalls ein Nebeneinander, manchmal gar ein Gegeneinander war, daraus soll jetzt also ein Miteinander werden. Bis vor einem Monat hatten sich die Mitte-Rechts-Koalition in Brüssel und die PS-dominierte Regierung in Namür ja häufig gegenseitig das Leben schwergemacht.
Für die MR ist es aber zweifelsohne auch wichtig, den Bruch mit der Vergangenheit zu vollziehen, klarzumachen, dass sich der Wind gedreht hat. Viel Zeit hat man ja bekanntlich nicht dafür. In weniger als zwei Jahren wird gewählt...
Roger Pint - Bild: Jean-Luc Flemal/BELGA