Die Föderale Agentur für Lebensmittelsicherheit (Afsca) ist weiter in der Defensive. Auf einer Pressekonferenz unterstrich die Afsca am Montagnachmittag noch einmal, dass sich in Belgien niemand Sorgen machen müsse. Die Werte seien völlig unbedenklich.
Die Konzentration von Fipronil lag in den belgischen Eiern mindestens um ein Zehnfaches unter dem europäischen Schwellenwert. Dennoch seien alle Eier, die auch nur geringste Spuren von Fipronil aufwiesen, vernichtet worden, so die Afsca. Insgesamt wurden zwischenzeitlich 86 Betriebe vorsorglich gesperrt. Derzeit sind es noch 51 Betriebe.
Rückblende
Am 2. Juni schlug ein Betrieb aus Sint-Niklaas Alarm. Das Unternehmen teilte der Afsca mit, dass es möglicherweise ein Problem gebe. Man habe in Eiern das verbotene Mittel Fipronil nachgewiesen. "Es stimmt, dass wir Anfang Juni von einem potentiellen Fipronil-Problem im Geflügelsektor wussten", bestätigt Katrien Stragier von der Afsca.
Daraufhin habe man eine Untersuchung eingeleitet, dabei aber auch die Justiz eingeschaltet. Naja, und ab diesem Moment greife dann nunmal das Ermittlungsgeheimnis. In der Praxis bedeutete das offenbar: Funkstille. Erst am 20. Juli habe die Afsca von den Ausmaßen der Kontamination erfahren und unmittelbar danach habe man dann auch Alarm geschlagen.
Am 20. Juli aktivierte die Afsca also das europäische Frühwarnsystem. Und das hat am Montag auch eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigt: Belgien meldete ein Problem am 20. Juli, die Niederlande informierten die Kommission dann am 26. und Deutschland schließlich am 31. Juli. An eben diesem 31. Juli gaben die niederländischen Gesundheitsbehörden auch eine öffentliche Warnung heraus, Millionen von Eiern wurden aus den Regalen geholt. Zwei Tage später das gleiche Bild in Deutschland. Der Skandal bricht durch - und das fast zwei Monate nach dem ersten Verdachtsfall in Sint-Niklaas.
Ermittlungsgeheimnis
Warum hat das solange gedauert? Das Argument "Ermittlungsgeheimnis", das will irgendwie niemand gelten lassen. "Ermittlungsgeheimnis hin oder her, das Vorbeugeprinzip hat Vorrang", sagte der föderale Landwirtschaftsminister Denis Ducarme am Morgen in der RTBF. "Mein Gott, hier geht es doch um die Volksgesundheit, um den Schutz der Verbraucher. Da muss Transparenz doch oberstes Gebot sein." Er habe jetzt jedenfalls bei der Afsca einen detaillierten Bericht angefordert.
Er will jetzt alles wissen - alles, was von der Afsca unternommen worden ist, seit das Wort Fipronil zum ersten Mal im Zusammenhang mit Geflügelbetrieben aufgetaucht ist. Und diesen Bericht möchte Ducarme möglichst schnell auf seinem Schreibtisch liegen haben. Das hat wohl auch damit zu tun, dass einige Nachbarländer ziemlich ungehalten sind angesichts der belgischen Informationspolitik.
Kritik kommt aber auch aus Belgien selbst. Die Opposition feuerte am Wochenende aus allen Rohren. Sozialisten, Grüne und CDH beklagten das allgemeine Informationschaos. Etwa, dass die Afsca zunächst Entwarnung gegeben hatte, dass dann aber doch Eier in belgischen Supermärkten aus den Regalen geholt wurden. Die Afsca bleibt indes bei ihrer Entwarnung: Die belgischen Eier seien unbedenklich. Die nachgewiesenen Fipronil-Konzentrationen lägen um ein Zehnfaches unter dem zugelassenen europäischen Schwellenwert.
Technische (Un-)Möglichkeiten
Landwirtschaftsminister Denis Ducarme lieferte dann doch ein Argument, das die langsame Reaktion der Belgier zumindest im Ansatz erklären kann. "Wir haben in Belgien technisch nicht die Möglichkeit, Fipronil nachzuweisen", sagte Ducarme. Die anerkannten Labore könnten das jedenfalls nicht. Man habe deshalb auf Institute in den Niederlanden zurückgreifen müssen. Und diese Ergebnisse hätten dann auf sich warten lassen.
Dennoch fordern alle Oppositionsparteien jetzt eine schnelle Klärung. Denis Ducarme und auch die Kollegin, Gesundheitsministerin Maggie De Block, werden sich am Mittwoch den Fragen der Abgeordneten im zuständigen Landwirtschaftsausschuss der Kammer stellen müssen. Und das dürften viele Fragen werden.
rop/km - Bild: Vincent Jannink/AFP