Die Einigung zwischen MR und CDH bedeutet für die Wallonie erst einmal, dass es weitergehen kann mit der Politik in der Wallonie. Eine Lähmung der Regionalpolitik wird es wohl nicht geben. CDH-Präsident Benoît Lutgen hat es tatsächlich geschafft, einen neuen Partner für das Regieren in Namur zu finden, ein Partner, der nicht wie in den vergangenen 13 Jahren PS heißt. Und das kann Lutgen durchaus als Erfolg feiern. Ein Erfolg, der ihm in Brüssel und in der Französischen Gemeinschaft ja noch verwehrt wird.
Erstmal müssen jetzt aber noch ein paar Schritte eingeleitet werden, damit die neue Koalition tatsächlich die Zügel der Regierens in die Hände bekommen. Ein sogenanntes konstruktives Misstrauensvotum gegen die bisherige Regierung muss von der neuen Mehrheit gewonnen werden und danach dann eben die neue Regierung gewählt werden.
Bekanntlich ist das ja eine knappe Angelegenheit, da MR und CDH zusammen ja nur über eine hauchdünne Mehrheit von nur einer Stimme verfügen. Aber wenn alles glatt läuft, dann heißen die neuen Machthaber in Namur am Ende der Woche - Freitag ist wahrscheinlich - MR und CDH.
"Unsere absolute Priorität ist die Arbeit"
Am Dienstagnachmittag haben die beiden Parteipräsidenten erste Einblicke in die neue Politik der Wallonie gegeben. Und das, was sie präsentierten, kann man in zwei Kategorien einteilen: die groben Linien und dann die einzelnen Vorhaben. Und da, und das ist vielleicht ein bisschen überraschend, sind die beiden Partner doch schon ziemlich weit in dem, was sie als politische Maßnahmen umsetzen wollen.
Doch bleiben wir erstmal bei den groben Linien. "Unsere absolute Priorität ist die Arbeit", sagt MR-Präsident Olivier Chastel. "Mehr Arbeitsplätze, mehr Wohlstand, größere soziale und steuerliche Gerechtigkeit - das sind die Schlagwörter für die wichtigsten Ziele, die wir uns gesteckt haben."
Und sein Pendant von CDH sagte das gleiche, nannte aber noch eine Vergleich, der sofort die Runde machte in den belgischen Medien. Benoît Lutgen sprach davon, künftig dafür sorgen zu wollen, dass jeder in der Wallonie seine Verantwortung wahrnimmt, damit sich die Wallonie, die auf Unterstützung angewiesen ist, in eine Wallonie entwickelt, die ihre Zukunft stärker selbst in die Hand nimmt. Und das hört sich fast schon so an, als ob Lutgens CDH die Politik der Wallonie nicht selbst die vergangenen Jahre mitgestaltet hat, also bislang nicht daran gearbeitet hat, die Wallonie zu einer dynamischen Region zu machen.
Strukturen entschlacken
Darüber hinaus sollen auch viele Strukturen entschlackt werden und Geld eingespart werden. Rund 20 Organe der politischen Administration sollen abgeschafft werden, 200 Verwaltungsposten gestrichen werden, die Kosten für die Regierungskabinette um zehn Prozent gesenkt werden. Insgesamt soll die Parlamentsarbeit künftig weniger kosten und zwei Millionen Euro pro Legislaturperiode eingespart werden. Reformen bei der Besteuerung sollen eingeführt werden, eine Agentur für die Schulden gegründet werden. Außerdem sollen die Provinzen weitgehend abgeschafft werden, und - man höre und staune - die Fernsehgebühr abgeschafft werden. Da hatte die CDH ja noch vor kurzem gegen das gemeinsam mit der PS ausgearbeitete Gesetz gestimmt. Jetzt will die CDH das gleiche mit dem neuen Partner auf den Weg bringen.
Wer neuer Ministerpräsident werden soll und wie die Minister heißen, weiß man noch nicht. Die Namen der Minister sollen am Mittwoch gegen 11:00 Uhr auf einer Pressekonferenz verkündet werden.
Kay Wagner - Bild: Benoit Doppagne/BELGA