Der Bürgermeister der Gemeinde Kurt Ryon will Ministerpräsident Oliver Paasch bitten, in der Sache einen weiteren Interessenkonflikt auszulösen, für den Fall, dass in der Frage bis zum 22. April noch keine Einigung gefunden wird. An diesem Datum verstreicht die Frist des Interessenkonfliktes, den die flämische Regierung ausgelöst hatte. Bis dahin bleiben die neuen, strengeren Lärmschutznormen der Region Brüssel-Hauptstadt noch außer Kraft.
In einem Brief an Paasch legt Ryon dar, dass die angekündigte Nulltoleranz bei Verstößen gegen Lärmschutznormen Probleme für den Nationalflughafen nach sich ziehen wird und damit auch für die dort ansässigen Betriebe und ihre Arbeitnehmer.
Ryon erinnert daran, dass der frühere Ministerpräsident Lambertz in der Problematik um Brüssel-Halle-Vilvoorde erklärt habe, die verfassungsmäßige Rolle der Deutschsprachigen Gemeinschaft einzusetzen, um der Föderalregierung mehr Zeit zu geben, um zu einer Lösung zu kommen. Er hoffe jetzt, dass Eupen die gleiche Haltung einnehmen werde, wie vor einigen Jahren, als Eupen einen Interessenkonflikt zugunsten der Frankophonen einlegte.
Ein weiterer Interessenkonflikt soll den Verhandlungspartnern mehr Zeit einräumen.
Ministerpräsident Paasch erklärte im BRF-Interview, dass die Themenlage beim Brüsseler Fluglärm nicht mit der in der Diskussion um Brüssel-Halle-Vilvoorde vergleichbar sei. "Damals ist die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft sowohl von der föderalen Regierung als auch von flämischen und wallonischen Parteien gebeten worden, einen Interessenkonflikt einzuleiten. Ich glaube, wenn das damals nicht geschehen wäre, wäre die Regierung gestürzt, mit allen Konsequenzen, die das kurz vor der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft mit sich gebracht hätte."
Das Schreiben von Bürgermeister Ryon sei noch gar nicht eingegangen. Die Regierung habe davon bisher auch nur aus der Presse erfahren. "Es geht hier nicht um eine Regierungskrise, es geht auch nicht um die grundsätzlichen Interessen des Landes", sagte Paasch. "Wir haben weder von einer flämischen Partei noch von einer flämischen Regierung irgendeine Anfrage in dieser Richtung erhalten. Ich glaube auch nicht, dass man von uns erwartet, dass wir uns in diesen Konflikt einmischen."
Paasch treffe seine innerbelgischen Amtskollegen regelmäßig im Konzertierungsausschuss. Dort sei er aber auf das eventuelle Anmelden eines Interessenskonflikts durch die Deutschsprachigen Gemeinschaft in der Angelegenheit nicht angesprochen worden.
b/sh - Bild: Nicolas Lambert/BELGA